Fakten

Wir sind 849 Tage um die Welt gereist (11. Juni 2013 bis 07. Oktober 2015). Unsere letzte Station war Bangkok, Thailand.
Wir reisten 71844 Kilometer durch 26 Länder. Jetzt sind wir wieder in Deutschland und planen unsere naechste Reise.

Donnerstag, 3. März 2016

Eindeutscheln

Ihr Lieben nah und fern!
Wie ich (A.) schon von mehreren Seiten gehoert habe, sind viele erstaunt ueber unsere scheinbar ploetzliche Heimkehr.
 

Musik von Ott - Fairchildren - einem Traeumeralbum...

Allerdings haben wir uns damit lange bedeckt gehalten, da wir die Familien und Freunde zu Hause auch ein Stueck weit ueberraschen wollten. Die Gedanken, unsere Reise zu unterbrechen und nach Hause zurueck zu kehren wurden immer konkreter, als wir im Mai 2015 spuerten, dass uns die lange Zeit an einem Ort (Emma in Hanoi und ich in Kunming) sehr gepraegt hat und uns das Reisen schwer fiel. 


Unser Anspruch an uns selbst und die Reise war, dass sie uns nie eine Last sein soll und wir auch immer die Moeglichkeit in der Rueckhand haben, nach Hause zurueck zu kehren. Es mag vielleicht schwer verstaendlich klingen, ein so schoenes Erlebnis als 'Last' zu beschreiben, und sicherlich trifft das Wort nicht vollkommen zu. Aber es gab eben doch Momente, wo die Eindruecke an die Substanz gingen und wir uns nicht mehr wohl gefuehlt haben. Ohne etwas erzwingen zu wollen, schauten wir letztendlich nach bezahlbaren Fluegen von BKK aus und wurden schnell fuendig. Eine Reise zurueck ueber Land schien unmoeglich, hatte sich doch gerade die Tuer Chinas hinter uns geschlossen. Auf einen Versuch liessen wir es nicht ankommen.


Mit der Gewissheit, noch fuenf Monate unterwegs zu sein, reiste es sich leichter und eine Last wich von unseren Schultern. Ungewiss zwar ueber unsere Zukunft im Heimatland, aber wieder geniessend in der Ferne. Es wurden die vielleicht schoensten Monate der Reise, abschliessend mit sehr intensiven Begegnungen und Erlebnissen in Thailand und besonders Myanmar.


Von daher sind wir froh ueber die Entscheidung, nach Hause gekommen zu sein, auch wenn wir jetzt schon wieder die Klauen des Systems spueren, die systematische Angst, die dschungelartige Buerokratie und den kalten Winter von uns fern zu halten versuchen und die naechsten Schritte planen. Nur zu sein ist schwer hier. Immer muss man etwas sein, und sei es arbeitslos oder angestellt. Man muss etwas Richtiges tun, etwas Profitables. Damit hatte besonders ich zu hadern und habe mich erstmal zwei Monate auf das Brandenburger Land zurueck gezogen. Das Fernweh ist gross, viele Ideen schwirren durch den Kopf, die Seele singt ferne Lieder und das Herz schlaegt die Trommeln der asiatischen Weite. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis es wieder los geht...


Fakt ist: Uns geht es sehr gut und klar ist auch, dass wir, um wieder reisen zu koennen, erstmal wieder unsere Ausgangssituation aufbessern muessen. Das heisst, fuer den Moment sind wir hier und deutscheln uns ein wenig ein. So wenig es geht, eben.

Die Reise ist dennoch sehr praesent, denn wir halten ab diesem Monat Reisevortraege, die wir in den letzten Wochen und Monaten ausgearbeitet haben.
Wenn ihr uns hoeren und sehen wollt, schreibt uns einfach eine Email, gern teilen wir auch die Daten hier auf unserem Blog mit.

Wir freuen uns auf jeden der vorbeischaut!


Folgende Themen und Termine stehen bereits fest: (Stand 31.03.2016)


"Haltestelle" Cottbus, Straße der Jugend 94, 22. März 19.30 Uhr
- Iran: Sagenumwobenes Persien

"Alte Bäckerei" Großhennersdorf
, Am Sportplatz 3, 23. März 20.00 Uhr
 
- Iran: Sagenumwobenes Persien

"Arche" Herrnhut, (hinter Herrnhuter Diakonie), 31. März 2016, 20 Uhr
- Zentralasien: Im Winter entlang der Seidenstraße


"Haltestelle" Cottbus
, Straße der Jugend 94, 05. April 2016, 19.30 Uhr
 - Zentralasien: Im Winter entlang der Seidenstraße
 
"Arche" Herrnhut
, (hinter der Herrnhuter Diakonie), 28. April 2016, 20 Uhr
- Nepal & Indien: Subkontinent der Extreme


"Breitengrad" Dresden, Altlaubegast 8, 29. April 2016, 19.30 Uhr
- Myanmar: Die Goldene Mitte Asiens


"Wartburg" Görlitz, Johannes Wüsten Str., 3. Mai 2016, 19.30 Uhr
- Nepal & Indien: Subkontinent der Extreme


"Arche" Herrnhut, (hinter der Herrnhuter Diakonie), 17. Mai 2016, 20 Uhr
 - Myanmar: Die Goldene Mitte Asiens


"Breitengrad" Dresden, Altlaubegast 8, 19. Mai 2016, 19.30 Uhr
- Süd- & Westchina: Vergessenes Land

"Alte Bäckerei"
Großhennersdorf, Am Sportplatz 3, 25. Mai 2016, 19.30 Uhr
 
Foto-Ausstellungseröffnung "Weltreise hautnah"
+ Reisevortrag:

Süd- & Westchina: Vergessenes Land
"Haltestelle" Cottbus, Straße der Jugend 94, 31. Mai 2016, 19.30 Uhr

 - Süd- & Westchina: Vergessenes Land







Weitere Vorträge sind geplant in Zittau, Eibau, Ebersbach, Bautzen, Görlitz und Niesky,
sowie bei Interesse weitere Termine in Großhennersdorf, Herrnhut, Cottbus, Dresden usw.

Wer weitere Infos haben möchte, oder sich fuer einen unserer Vorträge interessiert, kann sich gerne bei uns melden:

 zweiaufweltwegen@gmail.com

Liebe Grüße und ein fröhliches Schneetreiben!
Anselm (und Emma)

Sonntag, 31. Januar 2016

Angekommen...?

864 Tage.
26 Länder und autonome Gebiete.
Etwa 72.000 Kilometer.
364 mal wurden wir beim Trampen mitgenommen.
...Wir sind erfüllt von Dankbarkeit für jede Begegnung und jede Erfahrung dieses Weges. Alles war und ist wertvoll, einzigartig und lehrend...Danke.
...Und wie es weitergeht?...wir bleiben offen...Wege entstehen beim Gehen.
 
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864 days.
26 countries and autonomous regions.
About 72.000 kilometers.
364 times we got picked up while hitchhiking.
...We feel deep gratitude for every being and every experience that accompanied our way. Everything was and is precious, unique and teaching...Thank you.
...And what's next?...we will see...ways unfold while walking...

...völlig surreal: Bangkok von oben...

...noch surrealer: Trampen in Berlin Richtung Heimat...

...angekommen?!, Herrnhut, Deutschland

Myanmar...Teil II: Die Hindernisse der Shan

 
[...Fortsetzung von Myanmar...Teil I: "Are you okay?"

In Mandalay lässt sich zwischen staubigen rasterförmigen Straßen, hitzigem Smog, den kahlen Mauern des ehemaligen Palastes und heruntergekommenen Slumhütten am Irawaddy-River, kaum noch der alte Glanz der Residenzsstadt des letzten birmesischen Königs entdecken, den ich seit der Lektüre des 'Glaspalastes' schillernd in meiner Vorstellung der Stadt hatte.
Als wir zehn Stunden mit einem abenteuerlich schaukelnden Zug nach Hsipaw fahren, bekommen wir einen Eindruck davon, wie naturschön doch der Shan-Staat ist, mit seinen saftig grünen Reisfeldern, kupferfarbener Erde, schroffen Canyons, sanft bewaldeten Bergen...Wir leihen uns Fahrräder aus, erkunden die umliegenden 'minority villages' und sind froh, endlich wieder in der Natur zu sein.

Reiseverpflegung, auf dem Weg nach Hsipaw


Unterwegs in den Dörfern, bei Hsipaw

Nach einer Nacht im angenehm kühlen Bergstädtchen Kalaw, trampen wir weiter zum Inle-See, von dessen schwimmenden Gärten und Dörfern, einbeinig rudernden Fischern und wunderbarer Bergkulisse wir nur einen kurzen Eindruck bekommen. Wir haben nur noch wenige Tage, um an die nördliche Grenze nach Tachilek zu kommen, bevor unser Visum ausläuft...

Trampen nach Kalaw in die Berge

Buntes Markttreiben, Kalaw

Einbeiniger Ruderer auf dem Inle Lake

Wir hatten erfahren, dass es trotz strengerer Kontrollen möglich ist, als Ausländer durch den Shan-Staat zu reisen. Immer wieder gibt es in diesem Teil Myanmars kämpferische Auseinandersetzungen zwischen dem Militär und militanten Gruppen ethnischer Minderheiten. Wir wollen es dennoch versuchen und schlängeln uns trampend unseren Weg über enge, gewundene Bergstraßen nach Namsang, wo wir von einem freundlichen buddhistischen Mönch eingeladen werden, bei ihm im Tempel zu übernachten, da wir an diesem Tag wegen Straßensperren ohnehin nicht weiterreisen könnten. Als wir abends, nach köstlichster Bewirtung und amüsantem Fotoshooting mit Gästen des Mönchs, bei ihm im Audienzzimmer zusammen sitzen, bekommen wir enttäuschende Nachrichten: Einer der Gäste ist ein Immigrationbeamter der Polizei und erklärt (der Gymnasiallehrer der Stadt übersetzt für uns), dass wir nicht über Land weiter nach Tachilek reisen dürften. Touristen könnten nur an die Grenze fliegen, da der Weg durch den Shan-Staat wegen der gelegentlichen Aufstände zu gefährlich sei und man nur sehr schwer eine Sondergenehmigung der Regierung bekomme...Wir sehen, dass wir nicht viele Möglichkeiten haben: In zwei Tagen läuft unser Visum aus und der Weg zurück an die südlichere Grenze nach Myawaddy ist zu weit. Nach einem kurzen Telefonat erklärt uns der Polizist erneut, wir müssten fliegen, da auch die Grenze in Myawaddy geschlossen sei - wegen Bürgerkrieg. Mit einem extra für uns vorgeführtem, äußerst beeindruckenden Elefantentanz in der Gebetshalle des Tempels, geht dieser ohnehin schon völlig absurde Abend zu Ende. Frühmorgendlich treten wir also mit einem nur für uns arrangierten Fahrer den Rückweg nach Taungghyi an, kaufen uns genervt und mit einigen Rangeleien völlig überteuerte Tickets nach Tachilek und landen am frühen Nachmittag nach fünfzig Minuten Flug in der Grenzstadt. Immernoch können es wir nicht fassen. Bei Grenzübergang nach Thailand bitten wir die thailändischen Beamten, noch einmal zu überprüfen, ob die südliche Grenze tatsächlich geschlossen wurde. Jedoch habe es in den letzten Tagen weder den besagten Bürgerkrieg, noch Grenzschließungen gegeben...
Obwohl für mich Myanmar eines der spannendsten Länder der Reise ist, verpasst diese Erfahrung an unseren letzten zwei Tagen diesem Empfinden einen heftigen Dämpfer. Es ist ein unglaublich interessantes Land, wunderschön, traditionell und so vielseitig...doch die Diktatur der Militärregierung, Korruption, Sperrgebiete und nach oben gedrückte Preise für Ausländer, machen das Reisen spürbar schwieriger, als anderswo.
Jedoch hoffe und wünsche ich sehr, dass sich die birmesische Bevölkerung und das Land unter der inzwischen neu gewählten sozialdemokratischen Regierung, von der jahrzehntelangen Militärdiktatur erholen wird...

Der Mönch und seine Gäste, Namsang

Privatvorstellung des Elefantentanzes, 
der sonst nur zu feierlichen Anlässen gezeigt wird, Namsang

Zurück in Thailand, fällt uns sofort auf, wie besonders und traditionsbewusst das Leben der Birmesen im Vergleich doch ist. Im sehr westlich orientierten Thailand trampen wir wieder mit schicken Pickups auf glatt asphaltierten Highways mit, an den Tankstellen gibt es SevenEleven-Supermärkte und das Leben wirkt sogleich wieder schneller, leuchtreklamiger und deutlich entzauberter, als im Nachbarland...


Giant Buddha, Chiang Rai, Thailand


Ich sende liebste Grüße in die Welt, aus inzwischen etwas kälteren Gefilden...
Alles Liebe,
Emma

Myanmar...Teil I: "Are you okay?"

Oh Myanmar!, was soll ich über dich erzählen!? So viele Geschichten kommen in meinen Kopf, die uns die Zeit in diesem Land schenkte...
Es fällt mir schwer, diesen Monat in Myanmar, der nun schon wieder so lang zurück liegt, in Worten zusammen zu fassen. Nahezu jeden Tag passierte etwas, das Anselm und mich überraschte, verwunderte, die Nerven raubte oder uns verblüfft die Köpfe schütteln ließ. Doch gerade diese Erlebnisse machten mir wieder einmal mehr den Unterschied zwischen 'reisen' und 'Tourist sein' bewusst. Vieles erschien uns so verrückt und ließ uns spüren, wie anders und auch besonders dieses Land mit den goldenen Pagoden, Menschen in bunt gemusterten Longyis, tief verwurzeltem Buddhismus und einer strengen Militärregierung doch ist. 
Als 'backpacker' durchs Land zu reisen, war oft nicht so einfach. Zum einen verstanden viele Birmesen nicht, was wir denn da am Straßenrand machten und warum wir armwinkend Autos anhielten. Viel Zeit haben wir nur damit verbracht, den Leuten zu versichern, dass wirklich alles in Ordnung mit uns sei; dass wir schon ganz oft getrampt wären und wüssten, dass es auch tatsächlich funktionierte. Und nein, wir bräuchten wirklich keine Hilfe, sie müssten sich keine Sorgen um uns machen. Meist wurde uns aber nicht geglaubt und so kamen wir manchmal auch in Situationen, in denen es uns mehr geholfen hätte, wenn man uns nicht geholfen hätte. Oft waren jene Begegnungen mit den locals aber auch sehr spannend, da wir nie so richtig absehen konnten, was als nächstes geschehen würde...:

Anfangs haben wir keine Ahnung davon, dass Myanmar eines der trampintensivsten Länder unserer Reise werden würde und wollen es erst einmal versuchen...doch schon ab dem ersten Tag schei die großzügige Hilfsbereitschaft der Birmesen unseren Weg zu begleiten und so werden wir im Dschungel zum Essen eingeladen und später von einem wichtigen Offizier der Armee direkt zu unserem Zielort Kyaiktyo mitgenommen. In der ehemaligen Hauptstadt Yangon couchsurfen wir bei einem jungen Mann aus Deutschland, der inzwischen als buddhistischer Mönch in einem Meditationszentrum lebt, in welchem wir auch für einige Nächte unterkommen. Im Zentrum der Stadt faszinieren mich vor allem die vielen basarähnlichen Straßen mit ihrem herrlichen Streetfoodständen und dem etwas ranzigen und doch seltsam bezaubernden Charme, der mich so oft an Indien erinnert und zugleich doch ganz einzigartig ist...



Nebelberge bei Kyaiktyo: Den goldenen Felsen sahen wir zwar nicht, 
dafür aber kleine Bergdörfer und strahlende Gesichter der Locals...

Begegnung mit Maung Maung, der alle einlädt, Yangon zu besuchen 
 und der so gerne Englisch lernen möchte... 

Shwedagon Pagoda - 
die heilgste Pagode für birmesische Buddhisten, Yangon

Und immer wieder machen wir die Erfahrung, dass sich alles auf besondere Weise fügt und Wege sich beim Gehen ergeben, wenn auch oft ziemlich unerwartet: Als wir von Pyay aus Richtung Westküste trampten, hält ein Mann auf einem Motorrad neben uns, den wir schon am Vortag getroffen und dessen überschwängliches Hilfsangebot wir dankend abgelehnt hatten. Besorgt und sich entschuldigend, da wir in seinen Augen ganz offensichtlich hilfsbedürftig sind, schickt er einen Freund, um uns ein Stück mitzunehmen. Dieser wiederum macht uns mit seinen Chef bekannt und so können wir schließlich (nach bestimmt zweistündigem "Please wait a moment" und Truckreparatur) mit dem Chef und dessen 17-jährigen Sohn die nächsten fast zwanzig Stunden im LKW mitfahren und auch darin übernachten. Früh gegen sechs Uhr krabbeln wir dann aus dem Truck und sind immer noch total erschöpft...

Bambustransport auf dem Fluss, unterwegs nach Pyay

...and they took care..., Pyay

Abendliches Kochen, bevor wir das Zelt mit einer Ameisenkolonie teilen...
 
Truckerkumpels, nach einem Tag und einer Nacht im LKW, 
Toungup
 
Endlich im Strandort Ngapali angekommen, stellen wir fest, dass Übernachtungspreise für Hotels für unser Budget viel zu hoch sind (zwischen dreißig und vierzig Dollar..) und beschließen daher, uns erstmal in einer Hütte am Strand unter zu stellen, bis der abendliche Monsunschauer aufgehört hat und wir uns ein Plätzchen zum Zelten suchen können. Dieser simple Plan wir aber nach und nach von mehr und mehr interessierten und besorgten Armeemännern durchkreuzt, da diese Hütte blöderweise direkt neben einem Militärgelände steht und sich verständlicherweise keiner einen logischen Reim darauf machen kann, was denn diese zwei Touristen in der Dunkelheit, abends und bei Regen dort zu suchen hätten. "Wir helfen euch!" lautet dann der Plan der Jungs: es wird telefoniert, Männer kommen und gehen, beraten sich, zeigen uns Musikvideos auf ihren Smartphones und fragen, ob wir schon Abendbrot gegessen hätten. Als wir nach inzwischen vier Stunden "Please wait a moment" und have you had your dinner, yet?" von etwa zwanzig Männern umringt sind und nun also der Touristenpolizei noch einmal unsere Geschichte erzählen (Weltreise, kleines Tagesbudget, zu teure Hotels, Zelten...), sind wir bereits ziemlich fertig mit den Nerven und wollen einfach nur noch schlafen. Aber sie lassen nicht locker, wollen unbedingt helfen und bringen uns schließlich auf Motorrädern in den Nachbarort, wo die Polizisten die Mitarbeiter eines Hotels aufwecken, um einen Schlafplatz für uns auszuhandeln...Als dann die Frage kommt "Forty dollar okay?", sind Elmi und ich echt am Ende unserer Geduld, wollen schon aufstehen und einfach gehen. Da aber scheinen unsere 'Helfer' endlich zu verstehen, dass wir wirklich nur ein Fleckchen Erde brauchen, auf dem wir schlafen dürfen und gestatten uns schließlich, in ihrer heruntergekommen Polizeistation übernachten...


Almosenrunde im frühmorgendlichen Treiben, Toungup
Ngapali Beach
Meeresfrische Wäsche auf der Palmenleine, Ngapali
 
Ziemlich erschöpft kommen wir nach diesem Erlebnis, einer etwas holprigen Rücktour (mit Autoschaden und Wackelbusfahrt) und mehreren schlafarmen Nächten zurück nach Pyay. Da uns unsere körperlich entkräftete Verfassung allmählich etwas Sorge bereitete, lassen wir uns am nächsten Tag im Krankenhaus auf verschiedene Tropenkrankheiten testen. Eine Stunde später halten wir zwei Umschläge mit den Aufschriften 'Emma' und 'Elmi' in den Händen und bekommen freundlichst übermittelt, wir beide hätten einen positiven Dengue Fieber Test. Glücklicherweise verläuft diese Krankheit bei uns aber recht harmlos, sodass wir schon nach drei Ausruhtagen weiter ziehen.  
Auf dem Weg nach Bagan haben wir wieder einmal ein kuriosen Zusammentreffen mit der birmesischen Polizei. Die Szene hat durchaus etwas komisches: Mit Taschenlampen und Regenschirmen ausgerüstet, waten etwa zehn Menschen in Flipflops nachts über eine Matschwiese und erklären uns, sie seien von der Polizei und vom Tourismusbüro, würden gerne unsere Pässe sehen und dass wir hier nicht zelten dürften, da es gegen das Gesetz sei und außerdem viel zu gefährlich wegen der Schlangen...Die Geschichte endet damit, dass wir genervt unser nasses Zelt wieder abbauen, im Polizeipickup Platz nehmen und zu einem Hotel gebracht werden, wo der Polizeichef persönlich die Hälfte des Übernachtungspreises für uns bezahlt...
Bei diesen seltsamen Geschehnissen denke ich oft darüber nach, dass es durchaus schnell zu Verständnisschwierigkeiten kommen kann, wenn man aus unterschiedlichen Mentalitäts- und Kulturkreisen kommt, selbst wenn man die gleiche Sprache spricht. Meist stoßen wir daher ganz offensichtlich mit unserem Reisestil, nicht nur auf Miss- , sondern auch auf Unverständnisse. Das ist zwar im Zusammenhang mit den Gesetzeshütern ziemlich anstrengend, aber auch spannend, da man anscheinend nicht einfach erwarten sollte, dass der Gegenüber einen versteht, nur weil er die Sprache versteht, in der man spricht. Richtiges Verständnis bedarf ganz offensichtlich mehr als Sprache...

Wir bleiben ein paar Tage in Ngaung U, um uns die Tempel von Bagan anzuschauen. Von den über 6000, in verschiedenen Königsdynastien errichteten Tempelbauten, sind heute noch etwa 2200 erhalten und verstreuen sich auf einem riesigen Areal. Wirklich beeindruckend. Mit den Fahrrädern fahre ich mit Anselm unter einer knallig heißen Sonne von Tempel zu Tempel; während im kleinen Städtchen Ngaung U musikkreischende Wahlkampfswagen und Menschen mit Fahnen durch die Straßen ziehen. Anfang November finden die ersten öffentlichen Parlamentswahlen seit 1990 in Myanmar statt und so ist die Stimmung der Bevölkerung durchaus sehr erwartungsvoll und gespannt...


Luftwurzeln
Monsungrau über den Tempeln von Bagan
Bagan

Wahlkampfsprozession der NLD, Ngaung U


[...lest weiter in "Myanmar...Teil II: Die Hindernisse der Shan"]

Dienstag, 22. September 2015

Der Falang aus Jamminy

Hallo! 
(Es schreibt sehr viel: Anselm.)

Ob “Sussudei!”, “Sabadee!”, “Sawadee Ka(p)!” oder „Meng la ba!“ – Die Menschen in Suedostasien lieben es, „Hallo“ zu sagen. Es ist schoen, wildfremde Menschen auf der Strasse zu gruessen oder in vielen Situationen einfach die Handflaechen zum Gruss aneinanderzulegen. Selbst kleine Kinder sind mit dieser Geste schon ganz vertraut, was das Herz hoeher schlagen laesst! Untermalt wird die Begruessung oft mit einem ehrlich strahlenden Laecheln, das sehr ansteckend ist!

Mt. Phousi, Luang Prabang, Laos
  Wenn ich die Nachrichten aus Europa und insbesondere Deutschland verfolge, schaeme ich mich oft. Ich schaeme mich dafuer, wie kaltbluetig ignorant Menschen mit anderen Menschen umgehen und blind zu sein scheinen fuer die Tatsache, dass wir alle gleich sind. Dass einem Menschen das Recht zu steht, sich an einem Ort aufzuhalten und einem anderen Menschen nicht, liegt jenseits meines Verstaendnisses.

Die Warmherzigkeit und Offenheit, die einem in Asien oft zu Teil wird, laesst mich hoffen, verstehen und loslassen. 
– Hoffen  darauf, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft lernen, sich besser zu verstehen; 
Verstehen, dass offene Herzen und offene Tueren der beste und einfachste Weg zu Frieden und Gerechtigkeit ist; 
Loszulassen, was einem stets und staendig das Gefuehl gibt, sich anpassen zu muessen oder das Loslassen von Dingen, die wir faelschlicherweise fuer lebensnotwendig halten.
Ganz oft ist es das „simple“ Landleben, was mich diese Gedanken denken laesst. Es ist die Einfachheit, die Singularitaet, das Notwendige, auf das alles zurueckzufuehren ist.
In einem Dschungeldorf, wo das Wasser aus dem Brunnen geholt und wo ueber dem Feuer gekocht wird, wo die Haeuser aus Bambus und Blaettern gebaut sind, und die Waende mit blauen Planen regendicht gemacht werden und wo rundherum hauptsaechlich Gruen ist. Gruen und Wolke und Regen und vielleicht ein paar Huehner, Hunde und Katzen. Dort fuehle ich mich dann manchmal so ueberfuellt mit Sorgen aus einer Zivilisation, die sich ueber Wachstum und Weiterentwicklung definiert und sich doch zurueck zu entwickeln scheint, zumindest was Empathie und Naechstenliebe anbelangt. Und fast empfinde ich fuer das Wenige der Menschen hier aus dem Dorf ein bisschen Neid - Fuer den Mann mit den Lachfalten, der gerade mit der Machete das Feuerholz hackt, waehrend seine Kinder nackt und vergnuegt ueber die regennassen Matschwege vor den selbstgebauten Holzhuetten rennen. 
Es is das entschleunigte Leben, das mit dem Sonnenaufgang beginnt und mit dem Schein der Kerze zu Ende geht, das nackte, echte Leben, so schwierig es wohl in Wahrheit manchmal ist, was mich in den Bann zieht. Es sieht alles harmonisch aus, er sieht zufrieden aus. Hier ist das Miteinander wichtig, ehrlich, offen und unabdinglich. Fuer Rassismus, Misstrauen, Missgunst, Gier und Eifersucht scheint einfach kein Platz in einem solchen Umfeld zu sein… 

Hier reden Menschen miteinander, jeder mit jedem, egal ob im Bus, zwischen Nachbarn, oder auf der Strasse. Das Leben findet sowieso mehr draussen statt. Jeder kennt sich im Dorf und scheint befreundet oder verwandt zu sein, man hilft sich vollkommen selbstverstaendlich weiter. - Wenn ich mich an unsere „entwickelte“ Gesellschaft erinnere, dann bin ich mir unsicher, ob die Anonymitaet, die oftmals vorherrscht, nicht eher ein Rueckschritt, als ein Fortschritt ist. So oft ich in Asien ein bisschen mehr Privatsphaere vermisst habe, so ist das Miteinander nach mitteleuropaeischem Lebensmodell, wie ich finde, ziemlich unterkuehlt.


Ich bin dankbar fuer den Lebensstandard, den es in Europa gibt, und froh, dort geboren zu sein. Ich bin dankbar, dass weder ich, noch meine Eltern Krieg erleben mussten. Ich bin froh, dass wir uns nicht um Essen und Trinken, Wohnung oder Kleidung Sorgen machen muessen. Ich bin dankbar, dass Kinder in die Schule gehen koennen.  – Und sind das nicht eigentlich auch jene Grundbeduerfnisse, die sich jeder wuenscht? Sind diese Grundbeduerfnisse nicht fuer jeden Menschen gleich?
Viele Leute scheinen das dieser Tage zu vergessen…

Luang Prabang
Seit nun schon vier Monaten reisen wir durch Suedostasien: von Norden nach Sueden und wieder nach Norden, hin und wieder ein bisschen weiter Richtung Westen, und beim Blick auf die Karte bekomme ich manchmal das Gefuehl, wir kaemen nicht so richtig vom Fleck. Aber es wird nicht langweilig und jedes Land ueberrascht auf seine eigene Art. Es ist interessant zu sehen, wie und worin sich die Menschen und die Kulturen unterscheiden, mehr ueber die Geschichte und die Hintergruende zu lernen und Verbindungen zu knuepfen. Ich habe mich stets willkommen gefuehlt und wurde immer herzlich aufgenommen. Selten wurde ich irgendwo so selbstverstaendlich integriert, wie in Vietnam, Kambodscha, Laos, Thailand oder Myanmar.

Und dennoch gibt es viele Kapitel in der Historie, die einem den Magen kruemmen: Die flaechendeckenden Bombardements von Laos zur Zeit des Vietnam-Kriegs durch die US-Armee und dessen Folgen (u.a. sind noch heute viele Teile des Landes voller Blindgaenger und Minen), der Genozid in Kambodscha unter dem Khmer Rouge Regime, etc. – Und obwohl die vielleicht dunkelsten Teile der Geschichte, Graeueltaten unglaublichen Ausmasses, eng verknuepft waren mit den westlichen Besatzungsmaechten, sind die Menschen dennoch voller Freundlichkeit gegenueber Falang (Lao, Thai fuer „Auslaender“) aus aller Welt.

Den westlichen Einfluss kann man deutlich spueren. Und damit meine ich nicht Nestlé, CocaCola, McDonald’s und KFC – die gibt es hier natuerlich leider mittlerweile auch ueberall (schrecklich!). Sondern ich meine Dinge, die bereits Teil der Kultur geworden sind. Besonders kulinarisch faellt das auf. Die Menschen erfreuen sich an Baguette-Sandwiches und gutem Kaffee, alles ein bisschen asiatisch aufgepeppt! („You want spicy?“) 
Wer ein bisschen franzoesische Kolonial-Architektur sehen moechte, der kann nach Luang Prabang reisen. Dieses kleine, am Mekong gelegene, gemuetliche Staedtchen im Norden von Laos hat niedliche Cafés, praechtige Tempel und liegt inmitten wunderschoener Natur. Rundherum gibt es malerische Wasserfaelle (Tuk-Tuk-Fahrer:„You go waterfall?“) und Hoehlen und am Abend verwandelt sich die Hauptstrasse in einen Night-Bazaar, auf dem Handgemachtes angepriesen und gefeilscht wird („You buy, I give you good price!“). Auf der Food Street kann man sich an einem Buffet den Teller fuer umgerechnet 1,- € voll laden und dazu fuer den gleichen Preis eine Flasche frisches Beerlao geniessen (das vielleicht beste Bier Asiens!). Jeden Morgen bei Sonnenaufgang sammeln die buddhistischen Moenche Almosen ein, die Locals stehen entlang der Strasse und verteilen Essen und Geld.

Schwimmen (ganz oben) in den Kuangsi Waterfalls, Luang Prabang

Mekong River - Ein treuer Begleiter!
Von Luang Prabang geht es per Anhalter weiter suedlich nach Vang Vieng und zurueck in Hauptstadt Vientiane. Dort gibt es uebrigens einen Triumph-Bogen, Lao Style. (Danke an Silas fuer diese entspannte Zeit!).

Trampen ist in SouthEastAsia (SEA) noch ein bisschen exotisch, besonders in Laos. In Cambodia geht es auch nur mit einem Magic Sign (Thanks to the South Africans!), in Vietnam ist es praktisch unmoeglich, denn es sind vor allem Motorraeder unterwegs und in Laos gibt es zwar hauptsaechlich Pick Up Trucks, aber die Laoten winken meistens nur laechelnd und Beistehende wundern sich (“You need taxi?”) darueber, dass wir die Pick Ups antrampen, die Busse jedoch nicht. Im Endeffekt klappt es doch und mit der Ueberschreitung der Grenze nach Thailand bin ich im Tramper-Paradies. So leicht wie hier, ist es wohl nirgendwo. Ich bin fuer eine Weile mit Giulia aus Italien unterwegs. Sie ist vor Laos noch nie getrampt. Sofort haelt ein LKW an. Der Fahrer kann zwar kein Wort Englisch, … spricht aber fliessend Italienisch! 



Bazaar in Luang Prabang
Vang Vieng, Laos


Monsunregen in Vang Vieng
Auf dem Weg zu Silas: Elmi, Giulia, Draupadi und Federico in Vientiane

Sonnenuntergang ueber dem Mekong in Vientiane

Selfie mit dem Thai-Italo Trucker, nach 10 Minuten in Thailand
Nachdem ich in SEA viele Vorurteile gegenueber Thailand entwickelt hatte und mich nicht so richtig darauf freute, verfliegen beim Trampen auf zahlreichen Pick-Up-Ladeflaechen alle Sorgen im Fluge. Sogar das Wetter wird besser. Nach Wochen und Monaten mit viel Regen und grauen Wolken, ist der Himmel blau und die Sonne prasselt auf mich ein. 
In Chiang Mai gibt es ein Wiedersehen mit Eero aus Finnland, den Emma und ich im November 2013 in Tehran trafen. Mit dem Motorrad geht es in die umliegenden Berge und weiter nach Pai, ein kleines Dorf, auf einem Plateau, zu dem eine kurvenreiche, enge Strasse hinauffuehrt. Dort gibt es heisse Quellen, schroffe Berge und unendlich viel Natur!
Ueber die antike Tempel-Stadt Ayutthaya geht es nach Bangkok. Dort couchsurfen Emma, Giulia und ich bei Um, seiner Mutter und seinen Hunden Antonio und Pablo. Emma kommt gerade von ihrem Vipassana Course. Das Haus ist voller Couchsurfer. Seit Mai ‚hosted‘ Um ununterbrochen. Die Khao San Road (Bangkoks beruehmteste Touri-Meile) wollen wir eigentlich meiden. Als wir vor Giulias Rueckflug gen Italien doch hingehen, laeuft Emma dem one-and-only Elad in die Arme!!! (Jubelschreie!) Und so wird es ein Ort des Wiedertreffens. Mein ehemaliger Kunming-Mitbewohner Joel ist auch in der Stadt. Und bevor es nach Myanmar geht, uebernachten wir noch ein paar Naechte bei den drei Fahrrad-Letten, die wir schon aus Vientiane kennen. Die Haelfte unseres Gepaecks koennen wir in BKK lassen.

In einem Tribal Village in der Naehe von Chiang Mai, Thailand

Peanut Butter Brot beim Trampen im geschlossenen Pick Up, Thailand
Wat Phra Si Sanphet in Ayutthaya, Thailand

Regenwolken ueber dem Wat Mahathat in Ayutthaya
Wir sehnen uns nach ein bisschen mehr Wildnis und Natur. Mit Zelt und Kocher brechen wir auf zu neuen Abenteuern... Myanmar ist eines meiner Wunschreiselaender gewesen, und verdient daher ein eigenes Kapitel!
Dass es spannend ist, kann ich schon verraten: So viele verrueckte Stories wie hier hab ich lange nicht mehr erlebt!

Abschliessend, weil ich viel an die Heimat denke, nochmal ein Denkanstoss: Die Frage, die man am haeufigsten gestellt bekommt ist die nach der Herkunft. Wenn ich ‚Germany‘ sage, erhalte ich jedes Mal positive Resonanz, bisher in jedem Land, durch das wir reisten, ohne Ausnahme. Die Leute sind beinahe euphorisch („Oh, Jamminy, verrry gooood!“) und stets sehr gluecklich, uns zu sehen. Was auch immer der Grund sein mag, so oft sind die Leute stolz, uns als ihre Gaeste begruessen zu duerfen, laden uns zum Essen ein oder wollen Bilder mit uns machen. Es kommt von Herzen und ist fast unendlich.
Ich habe auf diesem Kontinent so viel ueber Gastfreundschaft gelernt und habe daran gedacht, wie sich wohl jemand fuehlen mag, wenn er auf unserem Kontinent willkommen geheissen wird? Ich hoffe, es gibt genauso viele Menschen, die ihre Arme und Herzen ohne Angst und Vorurteile oeffnen und nicht daran denken, was fuer sie dabei heraus springt oder welchen Nachteil man davon tragen koennte. 
Jeder Mensch hat Staerken und Potential, jede Kultur birgt seltene Schaetze, jeder Glaube hat seine Weisheiten. Durch die Vielfalt und durch das Miteinander koennten wir so viel voneinander lernen und zusammen wachsen. - Und in Zukunft Kriege verhindern.  

Fangen wir doch vor unserer eigenen Haustuer an! 
"Refugees Welcome!" ist ein guter Anfang. – Denn kein Mensch ist illegal.