Fakten

Wir sind 849 Tage um die Welt gereist (11. Juni 2013 bis 07. Oktober 2015). Unsere letzte Station war Bangkok, Thailand.
Wir reisten 71844 Kilometer durch 26 Länder. Jetzt sind wir wieder in Deutschland und planen unsere naechste Reise.

Sonntag, 31. Januar 2016

Myanmar...Teil I: "Are you okay?"

Oh Myanmar!, was soll ich über dich erzählen!? So viele Geschichten kommen in meinen Kopf, die uns die Zeit in diesem Land schenkte...
Es fällt mir schwer, diesen Monat in Myanmar, der nun schon wieder so lang zurück liegt, in Worten zusammen zu fassen. Nahezu jeden Tag passierte etwas, das Anselm und mich überraschte, verwunderte, die Nerven raubte oder uns verblüfft die Köpfe schütteln ließ. Doch gerade diese Erlebnisse machten mir wieder einmal mehr den Unterschied zwischen 'reisen' und 'Tourist sein' bewusst. Vieles erschien uns so verrückt und ließ uns spüren, wie anders und auch besonders dieses Land mit den goldenen Pagoden, Menschen in bunt gemusterten Longyis, tief verwurzeltem Buddhismus und einer strengen Militärregierung doch ist. 
Als 'backpacker' durchs Land zu reisen, war oft nicht so einfach. Zum einen verstanden viele Birmesen nicht, was wir denn da am Straßenrand machten und warum wir armwinkend Autos anhielten. Viel Zeit haben wir nur damit verbracht, den Leuten zu versichern, dass wirklich alles in Ordnung mit uns sei; dass wir schon ganz oft getrampt wären und wüssten, dass es auch tatsächlich funktionierte. Und nein, wir bräuchten wirklich keine Hilfe, sie müssten sich keine Sorgen um uns machen. Meist wurde uns aber nicht geglaubt und so kamen wir manchmal auch in Situationen, in denen es uns mehr geholfen hätte, wenn man uns nicht geholfen hätte. Oft waren jene Begegnungen mit den locals aber auch sehr spannend, da wir nie so richtig absehen konnten, was als nächstes geschehen würde...:

Anfangs haben wir keine Ahnung davon, dass Myanmar eines der trampintensivsten Länder unserer Reise werden würde und wollen es erst einmal versuchen...doch schon ab dem ersten Tag schei die großzügige Hilfsbereitschaft der Birmesen unseren Weg zu begleiten und so werden wir im Dschungel zum Essen eingeladen und später von einem wichtigen Offizier der Armee direkt zu unserem Zielort Kyaiktyo mitgenommen. In der ehemaligen Hauptstadt Yangon couchsurfen wir bei einem jungen Mann aus Deutschland, der inzwischen als buddhistischer Mönch in einem Meditationszentrum lebt, in welchem wir auch für einige Nächte unterkommen. Im Zentrum der Stadt faszinieren mich vor allem die vielen basarähnlichen Straßen mit ihrem herrlichen Streetfoodständen und dem etwas ranzigen und doch seltsam bezaubernden Charme, der mich so oft an Indien erinnert und zugleich doch ganz einzigartig ist...



Nebelberge bei Kyaiktyo: Den goldenen Felsen sahen wir zwar nicht, 
dafür aber kleine Bergdörfer und strahlende Gesichter der Locals...

Begegnung mit Maung Maung, der alle einlädt, Yangon zu besuchen 
 und der so gerne Englisch lernen möchte... 

Shwedagon Pagoda - 
die heilgste Pagode für birmesische Buddhisten, Yangon

Und immer wieder machen wir die Erfahrung, dass sich alles auf besondere Weise fügt und Wege sich beim Gehen ergeben, wenn auch oft ziemlich unerwartet: Als wir von Pyay aus Richtung Westküste trampten, hält ein Mann auf einem Motorrad neben uns, den wir schon am Vortag getroffen und dessen überschwängliches Hilfsangebot wir dankend abgelehnt hatten. Besorgt und sich entschuldigend, da wir in seinen Augen ganz offensichtlich hilfsbedürftig sind, schickt er einen Freund, um uns ein Stück mitzunehmen. Dieser wiederum macht uns mit seinen Chef bekannt und so können wir schließlich (nach bestimmt zweistündigem "Please wait a moment" und Truckreparatur) mit dem Chef und dessen 17-jährigen Sohn die nächsten fast zwanzig Stunden im LKW mitfahren und auch darin übernachten. Früh gegen sechs Uhr krabbeln wir dann aus dem Truck und sind immer noch total erschöpft...

Bambustransport auf dem Fluss, unterwegs nach Pyay

...and they took care..., Pyay

Abendliches Kochen, bevor wir das Zelt mit einer Ameisenkolonie teilen...
 
Truckerkumpels, nach einem Tag und einer Nacht im LKW, 
Toungup
 
Endlich im Strandort Ngapali angekommen, stellen wir fest, dass Übernachtungspreise für Hotels für unser Budget viel zu hoch sind (zwischen dreißig und vierzig Dollar..) und beschließen daher, uns erstmal in einer Hütte am Strand unter zu stellen, bis der abendliche Monsunschauer aufgehört hat und wir uns ein Plätzchen zum Zelten suchen können. Dieser simple Plan wir aber nach und nach von mehr und mehr interessierten und besorgten Armeemännern durchkreuzt, da diese Hütte blöderweise direkt neben einem Militärgelände steht und sich verständlicherweise keiner einen logischen Reim darauf machen kann, was denn diese zwei Touristen in der Dunkelheit, abends und bei Regen dort zu suchen hätten. "Wir helfen euch!" lautet dann der Plan der Jungs: es wird telefoniert, Männer kommen und gehen, beraten sich, zeigen uns Musikvideos auf ihren Smartphones und fragen, ob wir schon Abendbrot gegessen hätten. Als wir nach inzwischen vier Stunden "Please wait a moment" und have you had your dinner, yet?" von etwa zwanzig Männern umringt sind und nun also der Touristenpolizei noch einmal unsere Geschichte erzählen (Weltreise, kleines Tagesbudget, zu teure Hotels, Zelten...), sind wir bereits ziemlich fertig mit den Nerven und wollen einfach nur noch schlafen. Aber sie lassen nicht locker, wollen unbedingt helfen und bringen uns schließlich auf Motorrädern in den Nachbarort, wo die Polizisten die Mitarbeiter eines Hotels aufwecken, um einen Schlafplatz für uns auszuhandeln...Als dann die Frage kommt "Forty dollar okay?", sind Elmi und ich echt am Ende unserer Geduld, wollen schon aufstehen und einfach gehen. Da aber scheinen unsere 'Helfer' endlich zu verstehen, dass wir wirklich nur ein Fleckchen Erde brauchen, auf dem wir schlafen dürfen und gestatten uns schließlich, in ihrer heruntergekommen Polizeistation übernachten...


Almosenrunde im frühmorgendlichen Treiben, Toungup
Ngapali Beach
Meeresfrische Wäsche auf der Palmenleine, Ngapali
 
Ziemlich erschöpft kommen wir nach diesem Erlebnis, einer etwas holprigen Rücktour (mit Autoschaden und Wackelbusfahrt) und mehreren schlafarmen Nächten zurück nach Pyay. Da uns unsere körperlich entkräftete Verfassung allmählich etwas Sorge bereitete, lassen wir uns am nächsten Tag im Krankenhaus auf verschiedene Tropenkrankheiten testen. Eine Stunde später halten wir zwei Umschläge mit den Aufschriften 'Emma' und 'Elmi' in den Händen und bekommen freundlichst übermittelt, wir beide hätten einen positiven Dengue Fieber Test. Glücklicherweise verläuft diese Krankheit bei uns aber recht harmlos, sodass wir schon nach drei Ausruhtagen weiter ziehen.  
Auf dem Weg nach Bagan haben wir wieder einmal ein kuriosen Zusammentreffen mit der birmesischen Polizei. Die Szene hat durchaus etwas komisches: Mit Taschenlampen und Regenschirmen ausgerüstet, waten etwa zehn Menschen in Flipflops nachts über eine Matschwiese und erklären uns, sie seien von der Polizei und vom Tourismusbüro, würden gerne unsere Pässe sehen und dass wir hier nicht zelten dürften, da es gegen das Gesetz sei und außerdem viel zu gefährlich wegen der Schlangen...Die Geschichte endet damit, dass wir genervt unser nasses Zelt wieder abbauen, im Polizeipickup Platz nehmen und zu einem Hotel gebracht werden, wo der Polizeichef persönlich die Hälfte des Übernachtungspreises für uns bezahlt...
Bei diesen seltsamen Geschehnissen denke ich oft darüber nach, dass es durchaus schnell zu Verständnisschwierigkeiten kommen kann, wenn man aus unterschiedlichen Mentalitäts- und Kulturkreisen kommt, selbst wenn man die gleiche Sprache spricht. Meist stoßen wir daher ganz offensichtlich mit unserem Reisestil, nicht nur auf Miss- , sondern auch auf Unverständnisse. Das ist zwar im Zusammenhang mit den Gesetzeshütern ziemlich anstrengend, aber auch spannend, da man anscheinend nicht einfach erwarten sollte, dass der Gegenüber einen versteht, nur weil er die Sprache versteht, in der man spricht. Richtiges Verständnis bedarf ganz offensichtlich mehr als Sprache...

Wir bleiben ein paar Tage in Ngaung U, um uns die Tempel von Bagan anzuschauen. Von den über 6000, in verschiedenen Königsdynastien errichteten Tempelbauten, sind heute noch etwa 2200 erhalten und verstreuen sich auf einem riesigen Areal. Wirklich beeindruckend. Mit den Fahrrädern fahre ich mit Anselm unter einer knallig heißen Sonne von Tempel zu Tempel; während im kleinen Städtchen Ngaung U musikkreischende Wahlkampfswagen und Menschen mit Fahnen durch die Straßen ziehen. Anfang November finden die ersten öffentlichen Parlamentswahlen seit 1990 in Myanmar statt und so ist die Stimmung der Bevölkerung durchaus sehr erwartungsvoll und gespannt...


Luftwurzeln
Monsungrau über den Tempeln von Bagan
Bagan

Wahlkampfsprozession der NLD, Ngaung U


[...lest weiter in "Myanmar...Teil II: Die Hindernisse der Shan"]

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