Fakten

Wir sind 849 Tage um die Welt gereist (11. Juni 2013 bis 07. Oktober 2015). Unsere letzte Station war Bangkok, Thailand.
Wir reisten 71844 Kilometer durch 26 Länder. Jetzt sind wir wieder in Deutschland und planen unsere naechste Reise.

Freitag, 4. Oktober 2013

Kringelschrift und liebe Leute

Mit viel Regen und grauen Wolken wurden wir nach Georgien geschwemmt...und mit den offensten Armen empfangen, die ein Land metaphorisch wohl haben kann.
Gut, unser Start  hier war etwas holprig: Wir ueberquerten die flughafenaehnliche Grenze bei Sarp noch kostenlos per Anhalter und wurden von unserem netten tuerkischen Busfahrer bis nach Batumi mitgenommen. Dort tauschten wir noch ein paar letzte Lira in Lari um und machten uns zu Fuss auf den Weg Richtung Zentrum. Als wir dort ankamen und auf einer Bank am Hafen muede niedersanken, war es bereits dunkel geworden und hatte zu nieseln begonnen. Elmi hatte bei Hitchwiki gelesen, dass es unweit von Batumi, in Makinjauri, einen Strand geben sollte, an dem man problemlos sein Zelt aufschlagen koenne. Also hiess es, sich wieder aufrappeln fuer die Schlafplatzsuche. Gluecklicherweise und mit der Hilfe englischsprechender Menschen an der Bushaltestelle fanden wir relativ unkompliziert den richtigen Bus nach Makinjauri und erreichten den steinigen Strand, als am schwarzen Hoizont die ersten Blitze aufzuckten. Das Meer war wild und aufbrausend und grummelte bedrohlich. Dennoch bauten wir unser kleines kompaktes Zuhause am Strand auf und schafften es noch, hinein zu schluepfen, bevor der Regen begann. Es wurde die wohl stuermischste Nacht bisher auf dieser Reise: Das Meer klatschte wuetend ans Land, Blitze erhellten die Zeltwaende und der Prasselregen trommelte laut in unseren Ohren. Elmi tat kaum ein Auge zu und auch ich wachte immer wieder auf und zog die Beine ein Stueck weiter an, damit sie nicht in der Wasserlache lagen, die sich am Fussende gebildet hatte...Am naechsten Morgen hatte der Regen immernoch nicht richtig aufgehoert und wir stellten erschrocken fest, dass das Meer ueber Nacht vielleicht fuenf Meter nah an unsere Schlafstelle herangewandert war. Wir packten unsere Sachen und liefen gezeichnet von der Nacht zum Bahnhof in Makinjauri, wo wir uns erstmal - im Trockenen und Warmen - ueberlegten, wohin wir denn eigentlich zunaechst wollten.

Auf Trampen hatten wir beide keine Lust, ohne Karte machte es ohnehin nicht viel Sinn. Elm hatte sich in der Tuerkei schon mal eine ungefaehre Route in Georgien angeschaut und so suchten wir uns eine Marschrutka nach Kobuleti. Fuer diejenigen dieser Begriff unvestaendlich ist, hier eine kleine Beschreibung: An sich handelt es sich bei einer Marschrutka um einen Kleinbus mit etwa 14 Sitzplaetzen. Oft spielt es aber keine Rolle, wieviel Leute sitzen koennen - solange noch geschoben werden kann, passen noch Leute rein! Langstreckenfahrten sind meist nicht allzu ueberfuellt, aber auf kleineren Strecken kann es durchaus so eng werden, dass man beim Bremsen nicht mal mehr umfallen kann. :) Bezahlt wird irgendwann auf der Fahrt, wenn es nicht anders geht, werden die Muenzen auch einfach ueber mehrere Sitzreihen nach vorne zum Fahrer gereicht. Ich habe echt keine Ahnung, wie die Marschrutkafahrer es schaffen, einen Ueberblick darueber zu behalten, wer bereits bezahlt hat und wer nicht...
Jedenfalls fragten wir uns nach der Nummer des Minibusses durch und bekamen von einer Frau gesagt, er haette keine und wir muessten einfach nach dem Stadtnamen schauen. Das Problem war nur: Wir konnten es nicht lesen! Georgische Buchstaben mit all ihren Kringeln und Schnoerkeln sind fuer uns zwar wunderschoen und maerchenhaft, aber sagen uns leider nicht viel. Die Frau hatte uns auf einen Zettel "Kobuleti" auf georgisch gekrizelt und so fanden wir durch Buchstabenvergleichen doch noch die richtige Marschrutka.

In Kobuleti folgte dann die erste amuesante Begegnung mit der georgischen Gastfreundschaft: Vom Grau des Himmels und der Orientierungslosigkeit ohne Karte etwas demotiviert, liefen wir eine Strasse entlang, als uns zwei Maenner aus einem Autoreifengeschaeft heraus wild etwas zubruellten. Elmi war genervt und rief auf Englisch zurueck, er wolle nicht so angeschrien werden. Igendwie stellte sich dann heraus, dass der Chef des Autohandels, Zaori, Deutsch sprechen konnte. Er fragte, wohin wir wollten und erklaerte, er habe einen Marschrutkafahrer als Freund, der uns vielleicht kostenlos mit nach Zestafoni nehmen koenne. Oder wir koennten einfach da bleiben, mit ihm essen gehen, ohne Geld bei seinem anderen Freund im Hotel schlafen...Dieser Einladung folgte ein Abend in einem kleinen Restaurant am Waldesrand, indem Zaoris Neffe arbeitete. Er bestellte fuer uns drei - viel zu viel, wie sich schnell herausstellte. Pizza, Katchapuri (Teigfladen mit Kaesefuellung-ein sehr typisches Gericht hier), Schaschlik, gefuellte Champignons, Fladenbrot....und dazu viel Rotwein. Zaori lehrte uns, wie in Georgien getrunken wird. Ein Trinkspruch folgte dem naechsten, auf alle guten Menschen, unsere Eltern, unsere Brueder und Schwestern, Deutschland und Georgien, alle schoenen Frauen und guten Maenner...Wir waren schon so satt und vollgefressen, doch unser Gastgeber forderte uns immer wieder auf, doch zuzugreifen. Er bot uns nach einer Weile an, doch mit seinem Handy mal nach Deutschland zu telefonieren, er habe einen speziellen Tarif, da seine Frau in Deutschland wohne. Und so ueberraschten wir eine erstaunte Mama und eine vermisste Freundin mit einem Anruf...:) Spaeter gesellten sich noch tuerkisch-georgische Freunde zu uns, es wurde noch mehr Essen aufgetischt, wir tanzten im Regen und genossen die verrueckt herzliche Mentalitaet in diesem herrlichen Land! Spaet fuhren wir dann zusammen zu Zaoris Eltern in eine kleines Dorf auf gruenen Bergen. Auch dort empfing man uns mit laechelnden Gesichtern und wir wurden gleich wieder an den gedeckten Tisch gebeten. Bei Elmi passte partout nichts mehr rein und auch ich war dem Platzen nahe. Bewegungsunfaehig, aber sehr dankbar schliefen wir an diesem Abend mit dem Geraeusch des Regensturms vor dem Fenster ein.

Am naechsten Tag setzten wir unsere Reise nach Zestafoni fort. Die Marschrutka huckelte durch wunderbare Landschaften, vorbei an niedlichen Haeusern mit Khaki- und Orangenbaeumen im Garten, Ziegenherden am Strassenrand, kleinen Waeldern...ich fuehlte mich schon da so wohl in diesem Land und irgendwie viel freier und entspannter als in der Tuerkei. Georgien entspricht durchaus eher meinem Geschmack. :) Nach mehreren Stunden Busfahren erreichten wir Zestafoni und wollten eigentlich weiter zur Hoehlenstadt von Vardzia fahren. Es war aber schon spaet und wir hatten keine Ahnung, wohin wir laufen mussten. Etwas planlos standen wir herum, als uns ein Mann auf recht gutem Englisch ansprach und uns darueber aufklaerte, dass wir weit von Vardzia entfernt waeren und es offenbar mit einem kleinen, langweiligen Doerfchen mit dem gleichen Namen in der Naehe von Zestafoni verwechselt haetten. Wir koennten noch einen Bus nehmen, kaemen wohl aber an diesem Abend nicht mehr zur Hoehlenstadt. Er bot an, mit zu ihm zu kommen und dann am naechsten Morgen den zeitigen Bus zu nehmen. Nach einigem Abwaegen nahmen wir schliesslich das zweite Uebernachtungsangebot innerhalb von zwei Tagen an. Georgi wohnte nicht weit von der Marschrutkastation entfernt und wohnte gerade allein in einem riesigen Haus, da seine Frau in Tbilisi war. Den ganzen Abend lang assen wir Obst, Esskastanien, tranken selbstgemachten Wein; Georgi erzaehlte von Sowjetzeiten und im Fernsehen lief ZDF...:) Mit Georgis Hilfe bekamen wir am naechsten Morgen sogar noch einen Rabatt fuer die Marschrutka ausgehandelt und kamen abends doch endlich im richtigen Vardzia an.

Dort stand uns wieder eine Nacht im Zelt bevor und das rief bei uns nicht besonders grosse Begeisterung hervor. Nach vier Monaten unterwegs haben wir unser Zeltchen zwar sehr zu schaetzen gelernt, aber doch ist es manchmal einfach nervig, im Dunkeln irgendwo anzukommen, dann noch muede durch die Gegend zu stiefeln, um einen geeigneten Schlafplatz zu finden. Wenn es dann noch kalt und regnerisch wird, macht es noch weniger Spass. Dieser Abend in Vardzia war daher nicht unser bester...Zwar bekamen wir von einem Mann angeboten, in einem kleinen eingezaeunten Stueck in der Naehe eines Hotels zu campen - dieses Projekt wurde aber schnell abgebrochen, weil der Boden fuer unsere Heringe zu hart war. Letztlich fanden wir ein gemuetliches Plaetzchen am Fluss unter Baeumen. Am Morgen hatten wir dann einen Hund. "Ode", wie wir sie schliesslich tauften, hatte uns aus unerklaerlichen Gruenden zu uns gesellt und es sich neben dem Zelt bequem gemacht. Auf alle unsere Versuche, sie wegzuscheuchen, reagierte dieser anhaengliche Strassenhund nicht, also blieb sie da, bis wir alles abgebaut hatten. Nur bis zur Hoehlenstadt kam sie nicht mit.

Die Hoehlen von Vardzia dienten im 12. Jhd. als Versteck vor den Tuerken und Persern und sind heute noch von einigen Moenchen bewohnt. Es war ein total schoener Tag mit zarten Federwolken am tiefblauen Himmel, die ueber den grandiosen braungruenen Bergen schwebten. Wir kletterten ueber schiefe Treppchen, durch Hoehlen und Tunnel, besichtigten die alte Klosterkirche und staunten ueber die unglaubliche Arbeit, die hinter dem Bau der verschieden grossen "Wohnungen" gesteckt haben muss... Am Abend fuhren wir mit zwei Oesterreichern wieder nach Akhaltsikhe und fanden, diesmal sogar noch vor Sonnenuntergang einen tollen Schlafplatz auf einem Huegel mit Blick auf die Stadt.

Und nun sind wir bereits seit fuenf Tagen in der Hauptstadt Tbilisi. Und werden hier so sehr verwoehnt, dass wir schon befuerchten, naechste Woche unsere Rucksaecke nicht mehr hochheben zu koennen. Durch Kontakte von Elmis Eltern sind wir bei einer tollen Familie gelandet: Zizino, Alexander, deren Sohn Oto und die Grosseltern sind alle so lieb zu uns: Es wird jeden Tag "очень вкусно" gekocht, wir haben ein "eigenes" Zimmer, arbeiten etwas an unserem Russisch (das hier in der Familie gesprochen wird...) und koennen die Stadt und die Gegend um Tiflis herum erkunden. 
Inzwischen haben wir unsere Route erneut etwas geandert. Der urspruengliche Plan, ueber Aserbaidschan zu reisen, ist gecancelt - wir fahren nach Armenien! Nach Baku haetten wir nur gemusst, um von da die Faehre nach Kasachstan zu nehmen. Das Geld fuer das Visum und den Stress wegen einer benoetigten Einladung koennen wir uns jetzt sparen, da wir auch ueber Armenien in den Iran einreisen koennen. Also haben wir jetzt nur das kasachische Visum beantragt, da uns gesagt wurde, in Tiflis bekomme man es relativ fix und unkomliziert. Wenn alles klappt,  sind wir dann im November in Kasachstan...

Es ist total irre, wenn ich mir jetzt bewusst mache, wir weit wir schon gekommen sind und was wir bereits alles erleben durften! Heute ist Tag 116! Wunderbar! Und bis auf meinen Herbstschnupfen sind wir gesund und munter. :) 
Unser Freund Zaori lehrte uns die Weisheit "Besser ich finde zehntausend Freunde, als zehntausend Euro". Das bestaetigt sich immer und immer wieder: Geld spielt keine Rolle, wenn man sich im Herzen nahe ist. Und grandioserweise begegnen wir immer wieder solchen Herzenmenschen, die diese Reise so lebendig machen.

Ich umarme meine Liebsten in Gedanken und nutze den georgischen Wind von heute, um zu euch ein paar herbstbunte Gruesse hinueber zu pusten!
Alles Liebe und Schoene, 
Emma.

Der erste Eindruck des georgischen Strassenverkehrs


Batumi und die wilde See


Regentanz mit Zaori


Ausblick beim Marshrutkafahren


bei Georgi: Elmi kann endlich wieder mal spielen...


Akhaltsikhe, Emma und Tuerme


"Ode"


Die Hoehlen von Vardzia


Eingesperrt ;)


Gruen 


Hupen!


Bunt


"AlwaysUltraPeaceBridge", "Broken Heels", "SpacePark" and "The Surround View Gondula", Tiflis


Tagesausflug nach Mtskheta


Aeusserst amuesante Hochzeitszeremonie, Mtskheta


Kloster auf dem Berge nahe Mtskheta


Baum, Elm, Lada


Schoenes Haus in Tiflis


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