Fakten

Wir sind 849 Tage um die Welt gereist (11. Juni 2013 bis 07. Oktober 2015). Unsere letzte Station war Bangkok, Thailand.
Wir reisten 71844 Kilometer durch 26 Länder. Jetzt sind wir wieder in Deutschland und planen unsere naechste Reise.

Donnerstag, 15. Mai 2014

Das Land der unbegrenzten Unmoeglichkeiten

Fortfuehrung von Sinnesreise:

Um ueber Indien und ueber Inder schreiben zu koennen, benoetigt es eine Menge an Erklaerungen. Leider habe ich keine Ahnung, wo und womit ich anfangen und wie ich von Indien erzaehlen soll, ohne den Versuch zu unternehmen, ein bisschen Indien-Gefuehl zu erzeugen.
Vielleicht kann jemand, der „The White Tiger“ von Aravind Adiga gelesen hat, nachvollziehen, was ich meine. Fuer jene, die dieses Werk noch nicht verschlungen haben, ist dieses Buch eine deutliche Empfehlung, wenn man sich mit Indien beschaeftigen moechte. Und ich bin mir noch nicht mal sicher, ob dieses tolle Buch ausreicht, um das von mir angestrebte Indien-Gefuehl in euch zu wecken.
Eigentlich waere es fuer jeden Leser hilfreich, nur fuer einen Tag in eine beliebige, mittelgrosse, indische Stadt zu reisen, als hinreichende Vorbereitung auf das, was man hier taeglich erlebt.

Es koennte an einem beliebigen Nachmittag zum Beispiel so aussehen:
Ein Gruppe Maenner. Herumstehende, baeuchige, schautzbaertige, Maenner, einige halten Haendchen, Andere legen ihren Arm auf die Schultern ihres Freundes, wieder andere haben die Arme hinter dem Ruecken verschraenkt und stehen vor einer Rickshaw, einige wild gestikulierend, andere, einander uebertoenend, artikulierend. Einer von ihnen spuckt einen grossen roten Fladen aus – Betel, also Pan. Ein anderer holt Spucke aus seiner Speiseroehre nach oben, um sie nach mehreren geraeuschvollen Versuchen neben den Betel-Fleck zu platzieren. Ein anderer Inder popelt, kratzt sich dann im Ohr und geht sich durch die Haare, bevor er sich im Schritt ordnet. Ein weiterer von ihnen schuettelt immer wieder seinen Kopf, einer Acht folgend – eine Bewegung die wohl nur die Inder “fehlerfrei“ vollziehen koennen.

An den Maennern laeuft ein deutsches Paerchen mit grossen Rucksaecken vorbei. Die Koepfe drehen sich den Touristen folgend mit. Der Rickshaw-Fahrer ruft ueberhoehte Preise hinter ihnen her, die Touristen lehnen dankend ab. Einige von den Maennern beginnen zu kichern. Sie gestikulieren, wie seltsam sie den Auslaender mit dem Ring in der Nase und den Ohrringen finden, in dem sie sich selbst an den gleichen Stellen anfassen. Und dann diese Haare! – Was tun? Genau! Ein Foto. „One picture?“ fragen sie die Touristen.
Heute sind sie gut gelaunt, deshalb sagen die zwei Rucksackreisenden ja. Die zehn Maenner holen zehn Smartphones hervor, und jeder von ihnen beginnt, ein Foto zu machen. Als nach minutenlangem Grinsen das Gesicht anfaengt, weh zu tun, sind noch immer nicht alle Inder auf einem Foto mit den Touristen gewesen. Sie werden dieses Foto allen ihren Freunden zeigen, ihrer Familie praesentieren und die Geschichte dazu erzaehlen. Die Informationen, die sie von den Reisenden erfahren wollen, sind zum Beispiel diese: 
Where (are you) from, Sir? What is your good name? Your wife? What is your age? What is your profession? What is your religion? Do you speak Hindi? Germany, aaah, Germany!”.  
Nachdem die Reisenden acht verschiedenen Maennern die gleiche Antwort gegeben haben, verabschieden sie sich, mit Handschlag von jedem einzelnen.
Als sie weiter laufen, erreichen sie Schmuck- und Klamotten-Geschaefte. Bevor sie irgendetwas sagen koennen, werden sie mit den Worten begruesst: 
„Yes? Very cheap, very good price, looking for free. Please come sir, inside more colour! How much you give? Best price? What you like? Please Madam! Some shirt, shorts, necklace,…”
– Die Reisenden mit den Rucksaecken moechten aber nichts kaufen. Als sie an einem kleinen Laden Wasser kaufen wollen, fragen sie nach dem Preis. Der Ladenbesitzer ueberlegt – zu lang, fuer einen Fachmann – und sagt dann: Fuenfunddreissig Rupien. – die Reisenden haben aber schon gelernt, auf den aufgedruckten Preis zu schauen. – „It is twenty eight, sir“ – „Thirty five“. – „No, look, the price is here!“ – „Ok, thirty!“ (headwobble) – „I give you twenty eight!“ – „Two rupees cooling charge!“ – Widerwillig geben die Touristen dem Mann dreissig Rupien.
Als sie weiter in Richtung Strand laufen, kommen weitere Rickshaws vorbei, versuchen die Reisenden zu ueberreden, bei ihm mitzufahren. Ein Mann schneidet den zwei Weissen den Weg ab: „Looking for room? How much you give? Very good price! A/C, Non A/C? How long you stay?” – Die Reisenden erklaeren ihm, dass sie schon eine Unterkunft gefunden haben.
Sie laufen an einem Tempel vorbei, vor dem ein weisshaariger Sadhu sitzt und laechelt. Die zwei Reisenden laecheln zurueck und gruessen ihn. Er gruesst zurueck. Eine schoene Begegnung.
Als sie am Strand ankommen, sehen sie ueberall Inder in grossen Gruppen am Wasser stehen. Einige von ihnen baden mit Klamotten im Meer, rollen sich ueber den Sand in die Wellen, schreien und jubeln. Die Maenner stehen wieder mit den Haenden hinter dem Ruecken verschraenkt oder den Armen in den Seiten und schauen den anderen zu. Andere bewerfen sich mit Sand oder buddeln sich gegenseitig ein. Die Frauen rennen einander hinterher, in nassen Saris. Andere indische Touristen klettern auf einen ein Meter hohen Felsen am Strand, vor dem Meer. Sie fotografieren sich mehrfach gegenseitig in seltsamen Posen und zeigen sich anschliessend die Fotos.
Im Restaurant am Strand bestellen indische Touristen Essen, Thali – Reis mit Dal (Linsen), Cocos-Chutney, Gemuese-Curry und indisches Chapati-Brot. Sie mixen die Saucen mithilfe ihrer rechten Hand mit dem Reis und formen einen Matschklumpen, den sie sich schmatzend in den Mund stecken. Sie bellen nach dem Kellner, wollen Cola trinken. Nach dem Essen ruelpsen sie laut als Zeichen dafuer, dass es ihnen gut geschmeckt hat. Sie reden sehr schnell, mischen manchmal ein paar lustig akzentuierte englische Vokabeln mit in ihre Rede und lachen. – Sie wirken zufrieden. Einfach, aber zufrieden.
Die deutschen Reisenden haben von Freunden gehoert, es gaebe ein Guest House am Strand mit Huetten fuer zweihundert Rupien.
Als sie den Rezeptionisten fragen, wie teuer es ist, sagt er: „four fifty!“ – vierhundertfuenfzig. – “No, look, my friend, our friends stayed here a few weeks ago and they said they paid two hundred for a hut!“ – “Two hundred – no possible! Four hundred last price!” – “Look, the maximum we are going to spend is two hundred fifty.” – “Ok, give me three fifty!” – “Sorry, man, that’s not in our budget. All I can give you is two fifty!” – “How many nights you stay?” – “Maybe two or three?” – “I give you room for three hundred, ok?” – Der Reisende holt zweihundertfuenfzig Rupien aus seinem Portemonnaie hervor, haelt sie dem Rezeptionisten hin und sagt: “Two hundred fifty, not more! Take it or we will go somewhere else!” – Der Inder wackelt mit seinem Kopf und sagt kleinlaut “Ok. Come!“
Ein grosses Wi-Fi-Schild ist an der Wand neben der Rezeption. Das Internet geht aber nicht. – „No working, sir! Main line problem!“
In bunte Saris gekleidete Frauen tragen, laut mitenander gackernd, Wasserkruege am Guest House vorbei.
Als es Abend wird, gewittert es. Der Regen peitscht auf das Dach, eine Kokusnuss faellt krachend auf das Blech. Das Wasser tropft aus einer Ritze im Dach, spuelt den Lehm von der Wand ab und bildet braune Pfuetzen auf dem gesamten Boden. Ausserdem faellt der Strom aus und die Reisenden sitzen im Dunklen, der Ventilator hoert auf, sich zu drehen. Es ist stickig heiss. Sie versuchen, ihre Habseligkeiten regensicher zu platzieren. Zum Schlafen legen sie sich, vom Moskito-Netz beschuetzt, ins Bett.
Ein anstrengender Tag ist neigt sich dem Ende entgegen.


– Natuerlich war das eine fiktive Situation, die aber genau so haette passiert sein koennen – absichtshalber ein kleines bisschen mit den Klischees spielend, jedoch ohne zu uebertreiben. 

Es ist gut zu wissen, dass in Indien schnell alles zu viel werden kann – besonders fuer gereizte, gestresste oder schlecht gelaunte Menschen. – Und ich bin ungewiss, ob und wie gut es beim Lesen „rueberkommt“ . 

Nun habe ich noch immer nicht erzaehlt, was wir im letzten Monat eigentlich erlebt haben...

Auf unserer fuenfzigstuendigen Zugfahrt von Jaipur nach Cochin.
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Wer wissen moechte, was wir im letzten Monat noch alles erlebt haben, kann gern eine weitere Fortsetzung lesen: (coming soon)

Sinnesreise

Gokarna, 11. Mai 2014:
Wir haben schon eine ziemlich lange Zeit nichts von uns hoeren lassen. Vielleicht liegt es daran, dass Indien so ausfuellend ist, dass fuer nichts anderes mehr Zeit uebrig ist. Oder, dass zu viele Menschen durch Indien reisen, sodass man wenige Momente allein hat um sich auf ein paar ausgewaehlte Zeilen konzentrieren zu koennen. Oder aber, weil sich viele Orte in diesem verrueckten Land so sehr nach Urlaub anfuehlen, dass man einfach mal alles stehen und liegen laesst und sich in die Sonne legt.

Heute vor genau elf Monaten sind wir in Herrnhut losgereist. Seitdem ist nicht nur fuer uns unfassbar viel passiert: Gute Freunde sind umgezogen und haben einen neuen Lebensabschnitt begonnen, sei es ein Studium oder eine neue Arbeitsstelle. Andere sind auf Reisen gegangen, von Reisen zurueckgekehrt oder ins Ausland gegangen, um dort Freiwilligenarbeit zu leisten. Es sind liebe Verwandte und Bekannte gestorben, einige Freunde bekamen Kinder, Bekannte haben geheiratet oder haben seit Neustem einen Freund bzw. eine Freundin.
Wenn wir all diese Veraenderungen mit unseren vergleichen, erkennen wir schnell, dass nicht nur wir einen langen Weg hinter uns haben, dass sich auch in unserer Heimat die Erde weiter um die Sonne dreht und dass die meisten unserer Lieben versuchen, das Beste aus ihrem Leben zu machen.
Diese Reise ist ein Spektakel fuer die Sinne. Nicht selten erlebten wir Reizueberflutungen, positiv wie negativ, manchmal Entsetzen, Aufregung und Fassungslosigkeit. Leider sahen wir auch Vieles, worueber wir resigniert die Koepfe schuetteln mussten.
Eine schoene Erfahrung ist es, dass man sich an den Ortswechsel gewoehnt, dass neue Bekannte schnell zu guten Freunden werden , dass man lernt, auf seine eigenen Gefuehle und Gedanken zu achten – zu hoeren!
Das Interessanteste sind wahrscheinlich die Menschen. Ich geniesse es zwar sehr, neue Orte dieser Welt anzuschauen, bin mir aber dessen bewusst, dass ich auch nur einen kurzen Einblick erlange. Das naechste Mal, sollte es das geben, wird die Erfahrung eine andere sein. Und wie schnell sich ein Ort verwandeln kann, sieht man zum Beispiel daran, was gerade in der Ukraine passiert. – Wir sind dennoch dankbar fuer jedes paradiesische Fleckchen, das uns eine Weile beherbergte, denn oft waren es auch Orte, die eine heilsame Wirkung auf uns hatten.
Jeder Einzelne, den wir auf unserem Weg getroffen haben, hat eine individuelle Geschichte, die, wenn man sich darauf einlaesst, einzigartig, interessant und beruehrend ist.
Andere Reisende liefern so viel neues Wissen, teilen Lebenserfahrungen und Gefuehle und sind sehr gute Lehrer, denn jeder von Ihnen hat bringt eine eigene Geschichte mit. Eine Geschichte ueber ihren Hintergrund, ihr Herkunftsland und dessen Politik, Bildungssystem, Kultur und Sprache. Aber auch, weil es sehr oft Menschen mit Aura sind. Viele sind einzigartige Charkataere, fast schon Persoenlichkeiten. Die Geschichten, die persoenlichen Konflikte, oft zeugen diese Dinge von einem bewegten Herz.
Oft schwirren meine Gedanken noch Tage und Wochen, manchmal Monate durch Gespraeche und Worte, die mir andere Reisende mit auf den Weg gegeben haben. Und mit jedem Gedanken, den wir reflektieren, mit jeder Konversation, die uns Neues lehrt, drehen wir jeden einzelnen Stein, jedes Blatt, jeden Zentimeter im Garten unseres Herzens um, und lernen uns selbst genauer kennen – Werden gereifte Menschen.
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„Everyone is fighting a fight you don’t know anything about.
Be kind. Always.” (picked up from Shabnam)
(Mit dieser Weisheit habe ich immer noch zu kaempfen!)

„Do not believe you influence someone by what you do. You influence them because of what you are.”
(I do not remember who told me that…)

“The real voyage of discovery consists not in seeking new landscapes, but in having new eyes…”
(Picked up in Yerevan, Armenia)

“No matter how much shit is going on around you. Never forget how to smile about it.”
(Michael’s advice before we went to China)

“When I come home, I have to accept that change doesn’t necessarily come home to somebody. People usually go away from their homes to find change.”
(Inspired by Eric)

“A journey does not stop if you come home. Because the time will have changed your home. And it will always be different. So homecoming becomes a journey, too.
(Inspired by Amy and Mariano)

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Und doch sind es nicht allein die Reisenden aus der weiten Welt, denen wir diesen Reifeprozess verdanken: So oft werden und wurden wir liebevoll von der Landesbevoelkerung empfangen, reich mit Gastfreundschaft beschenkt und mit guten Wuenschen bedacht. Wir erfuhren ueberdurchschnittliches Entgegenkommen, konnten oft unser Glueck kaum fassen und erlebten, im wahrsten Sinne des Wortes, die unglaublichsten Geschichten. Und oft war es nur ein willkommenes Laecheln, dass unsere Herzen froehlich werden liess. Von einigen Menschen berichteten wir auf dem Blog. Andere Geschichten wuerden ihren Zauber verlieren, wenn man versuchen wollte, sie in Worte einzusperren. Deshalb koennen wir nur versuchen, diese wahren Schaetze des Reisens mit euch zu teilen.

Wenn wir zusammenfassen: Reisen hat die Kraft, Menschen zu veraendern. Reisen wird die Veraenderung selbst.

Unsere Reiseroute und die Art und Weise des Vorankommens waren praegend. Besonders durch die vielen tausend Kilometer, die wir per Anhalter reisten, erlebten wir tolle Geschichten und trafen wunderbare Lebenskuenstler. Dadurch, dass wir uns vom Gefuehl leiten liessen, blieben wir so lange wir wollten, an einem Ort, reisten weiter, wenn wir uns danach fuehlten und blieben so ganz gut im Reisegefuehl, im Rhythmus der Lebensmusik. Die Lebensmelodien schlugen manchmal ins Moll um, klangen dumpf und kalt und auch das Lebenstempo verlangsamte sich – wie im zweiten Satz einer Sinfonie. Das traurige, klagende Adagio. Aber wie in der Musik, folgt bei einem grossen Werk spaetestens im vierten Teil wieder ein Allegro. Und so war es ein Lernprozess und vielleicht eine der wichtigsten Lektionen dieser Reise, aus Schwierigkeiten gestaerkt heraustreten zu koennen – keine ganz einfache, aber doch eine lohnenswerte Aufgabe.

Oft wird man danach gefragt, wo es am Schoensten wird, und die Antworten variieren: Das interessanteste Land in Europa war sicherlich die Ukraine, die verblueffensten Berge und Waelder Europas hatte Rumaenien zu bieten. Bulgarien gewinnt in der Kategorie „Schoenster Strand am Schwarzen Meer“. Griechenland ist der genialste Platz zum Ausruhen – auch wenn das politische Deutschland diesen Satz ungern lesen wuerde. (Aber was kann man sonst dort machen? Es gibt einfach ueberall Strand, leckeren Kaffee und es ist die meiste Zeit sommerlich. Ich wuerde gerne einmal einen Deutschen sehen, der am griechischen Meer gross geworden ist. Waere er nicht genauso?). Die Tuerkei ist das „muslimischste“ Land, was wir durchreisten, was deshalb interessant ist, weil wir nachher noch durch Iran und Zentralasien sowie Westchina (allesamt muslimische Laender) reisten.  Daher gab es in der Tuerkei viel Anlass, um ueber Religion nachzudenken, war es doch das erste Mal, dass wir das „christliche Europa“ verliessen. Georgien hatte die beste Kueche, atemberaubende Natur und suessen Alkohol. Armenien war ein Land voller spannender Begegnungen, einem farbenfrohen Herbst und voller Freundschaft. Der Iran ist deshalb schoen, weil sich die Perser fuer uns interessierten, ohne uns uebers Ohr hauen zu wollen. Es war eine Erfahrung purer Naechstenliebe: „Ich lade dich zu mir ein, weil ich mich freue, dass du hier bist!“ – Tuerkmenistan ist das unbekannteste Land, was wir bereisten – beherrscht von einem Diktator, der versucht, alle Einfluesse von Aussen zu unterdruecken.  Es ist ein reiches Land, und doch sind die meisten Buerger arm. Sie gehen sieben Tage die Woche arbeiten, zehn bis zwoelf Stunden am Tag. Wer studieren will, muss nicht nur gute Schulnoten haben, sondern benoetigt umgerechnet zehntausend US-Dollar Schwarzgeld, um einen Platz an der Universitaet bekommen zu koennen. – Und doch erlebten wir dort lebensbejahende, weltoffene Menschen, die uns mit glaenzenden Augen die Schaetze ihrer Kultur praesentierten. Usbekistan hat die schoensten architektonischen Bauten entlang der Seidenstrasse und eine interessante Geschichte, Kirgistan ist ein Land voller Gegensaetze: Hohe Berge und viel Schnee im Winter – grasende Yaks und weite gruene Wiesen im Sommer, beides wunderschoen anzuschauen. China war die groesste Herausforderung: Es war Winter, wir waren im woertlichen Sinne sprachlos und durchlebten gravierende Unterschiede zwischen blinkenden Grossstaedten und verlassenen Doerfern ohne Stromnetz. Nepal ist das Dach der Welt, der Fruehling und die abwechslungsreiche Natur, die farbenfrohe Kultur und das gute Essen macht dieses Land unvergesslich.
Und wenn all diese Laender noch nicht genug an uns veraendert haben, dann ist es Indien, die all diese Erfahrungen “wuerzt“, in dem alles, was wir erlebt haben, noch einmal verstaerkt wird.
 – Ich weiss, es ist eine sehr komplexe Antwort auf die Frage, wo es am Schoensten ist. Aber elf Monate sind einfach komplex.

Und wenn ich vorher sagte, „Reisen hat die Kraft, Menschen zu veraendern“, dann trifft das in den meisten Faellen zu, vielleicht sogar in allen. Aber ich koennte auch schreiben, „Indien hat die Kraft, Menschen zu veraendern.“ – Warum ist vielleicht sogar unwichtig. Aber wenn jemand doch fragt warum, dann vielleicht, weil selbst jeder Hobby-Koch weiss, dass Gewuerze entscheidend sind fuer jede Mahlzeit.

Jetzt bin ich dort angelangt, wo ich eigentlich beginnen wollte. Incredible India

Now, who is different?
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Wer weiterlesen moechte, der findet die Fortsetzung auf dem naechsten Post:
Das Land der unbegrenzten Unmoeglichkeiten.


Euer Elmi

Mittwoch, 2. April 2014

Von Null auf Hundert

"Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Schoenste was es gibt auf der Welt.
Ein Freund bleibt immer Freund und wenn die ganze Welt zusammen faellt"
Danke an Isaac, Gwen und Patrick!
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"Where do we get our stamp?" fragen wir den indischen Grenzsoldaten.
"Go straight ... about two hundred meter ... there is Custom Service!"
Wir laufen durch die staubige Strasse der Grenzstadt Sunauli und werden zum Zoll-Buero heruebergewunken. Genauso gut haette es auch ein Ladenbesitzer sein koennen, der uns in sein Geschaeft locken will. Aber es tatsaechlich der Ort, wo wir nochmals ein Formular ausfuellen muessen und einen Einreisestempel auf unser hellblau-rosa Indienvisum bekommen: "Welcome to India!"

Wir stehen ein wenig unter Zeitdruck. In zwei Tagen wollen wir Freunde wiedertreffen. Zwischen Sunauli und Pushkar, suedlich von Delhi liegen mehr als tausend Kilometer und es steht ein hinduistischer Feiertag vor der Tuer. Wir steigen in einen Bus ein, keine Fenster, die Gardinen wehen im Wind. Unsere Rucksaecke sind auf dem Dach des Buses verstaut. Es ist eng und gerade genug Platz um die Knie an den Vordersitz zu druecken. Nach drei Stunden erreichen wir den Bahnhof von Gorakhpur. Hier wollen wir versuchen, fuer heute ein Zugticket nach Jaipur, der Haupstadt Rajasthans zu loesen. 
- Unmoeglich, das weiss jeder, der schon einmal in Indien mit dem Zug gereist ist. Und jeder weiss, welch ein Akt das Ticket kaufen beim ersten Mal war. Aber, wir erleben ein Wunder. Aus dem nichts stehen ploetzlich zwei bekannte Gesichter neben uns: William aus Australien, der die letzten Tage in Lumbini ebenfalls im Koreanischen Tempel rastete und Chethan.
Ihn zu treffen ist die groessere Ueberraschung. Wir lernten ihn knapp zwei Wochen vorher in Pokhara im Westen Nepals kennen, da er in einem tuerkischen Restaurant kellnerte, wir uns dort mit ihm anfreundeten und zusammen auf den nahegelegenen Berg Sarangkot fuhren, um den Sonnenaufgang zu sehen. - Er kommt urspruenglich aus Suedindien, aus Bangalore, wollte einfach nur weg, als er im letzten Jahr Indien verliess. Im Zug klaute ihm jemand all sein Geld und er kam mit leeren Haenden nach Nepal. Er suchte Arbeit, um wenigstens wieder zurueck nach Hause kehren zu koennen, fand Gefallen an Nepal, reiste nach Pokhara und fand dort unbezahlte Arbeit, bekam aber Unterkunft und Verpflegung gestellt. - Er erzaehlt uns, er habe von Jetzt auf Dann entschieden, nach Indien zurueckzukehren, um doch, anders als geplant, Holi mit Freunden in Delhi zu verbringen.

Chethan ist die Ruhe in Person, anders als alles in Indien. Er hat den Ueberblick, managed ein Ticket fuer William nach Delhi, versucht uns zu helfen, doch noch einen Fahrschein nach Jaipur zu bekommen. Zuege gibt es genug, aber alles ist bis auf den letzten Stehplatz ausgebucht. Die Wartelisten sind endlos. Wir entscheiden uns, ebenfalls nach Delhi zu fahren und von dort aus erneut unser Glueck zu probieren. Es ist definitiv ein Umweg, aber manchmal fuehren die schneller ans Ziel als verbissene deutsche Gradlinigkeit. Wir kaufen uns ein "General Ticket", was lediglich die Erlaubnis ist, sich im Zug zu befinden. Da wir mit Chethan zusammen bleiben wollen, setzen wir uns einfach mit ihm ins Schlafabteil. Er will versuchen die Kontrolleure zu bestechen, damit wir im Sleeper-Compartment bleiben duerfen - so funktioniere das hier, erklaert uns Chethan. Die Bahner lassen sich nicht erweichen, da offensichtlich viele Inder die gleiche Idee hatten und schicken uns ins klimatisierte A/C-Abteil, wollen umgerechnet vierzig Dollar Aufschlag dafuer haben. Zu teuer, wir muessen leider ablehnen. Letztendlich lassen sie uns einfach sitzen und beschaeftigen sich mit anderen Fahrgaesten, sie haben sowieso alle Haende voll zu tun im vollgestopften Zug in die zweitgroesste Stadt Indiens. Zu zweit versuchen wir auf einer kleinen Liege Schlaf zu finden.
Im Morgengrauen erreichen wir Delhi. Voll des Danke verabschieden wir uns von Chethan und steigen in ein Taxi, was uns zu einem Reisebuero faehrt. Dort sei der einzige Ort, wo es vielleicht noch Tickets gebe, sagt man uns am Touristen-Schalter im Bahnhof. Als uns dort die Realitaet einholt, und auch von Delhi nach Jaipur alle Zuege sowohl Busse ausgebucht sind, erwischt es uns kalt: Dieses Mal haben wir wohl Pech gehabt. 

Reisebueromann: "What do you think, Sir? It's an important holiday! Millions of people travel in the next few days" - "We know it is a holiday. It is the reason we are here!"

Ernuechtert waegen wir unsere Moeglichkeiten ab und wollen einen letzten Versuch unternehmen, zu dem Bahnhof fahren, von dem der naechste Zug nach Jaipur geht und auf eigene Faust probieren, etwas moeglich zu machen. Aber soweit kommt es nicht. Unser Taxifahrer sagt, er kenne noch eine andere Busgesellschaft, die privat agiert. Er macht einige Anrufe fuer uns und meint, fuer dreitausend Rupien (wer herausfinden will wie viel das ist: 1€ = 85 Rupien) waeren zwei Sitze frei. Sofort.
- Uns ist bewusst, dass er uns "ueber den Tisch zieht", sagen aber zu. Was haben wir fuer eine Wahl?
Als wir im Kleinbus sitzen, geht die Sonne gerade auf... - Unsere ersten Tage in Indien hatten wir uns anders vorgestellt. Sechs Stunden fahren wir durch den zaehen Verkehr und als wir in Jaipur, der pinken Stadt, aussteigen, muessen wir auf ein weiteres Fortbewegungsmittel umsteigen: das Tuktuk - ein indisches Dreiradtaxi. Ein anderer Deutscher sitzt mit uns auf der Rueckbank, er ist als Freiwilliger in Indien, hat noch zwei Wochen, bevor es wieder zurueck nach Hamburg geht.
Am Busbahnhof steigen wir in den erstbesten Bus nach Ajmer. Dort treffen wir schon auf viele "Weisse". Sie alle wollen, wie wir auch, nach Pushkar. Der Bus dorthin ist randvoll gestopft, der Schweiss tropft, obwohl die Tueren waehrend der Fahrt offen sind.

Als wir endlich ankommen, ist es dunkel. Wir haben in den letzten sechsunddreissig Stunden mehr als eintausen Kilometer zurueckgelegt, haben neun verschiedene Verkehrsmittel benutzt, hatten so gut wie keine Pause und sind erschoepft aber gluecklich, als wir im Pink-Floyd-Hostel einchecken und uns bekannte, geliebte Menschen empfangen.

Ich habe Schwierigkeiten zu atmen, bunter Staub liegt ueberall in der Luft. Trance-Beats bestimmen den Takt meiner Fuesse und viele Stimmen, bekannte und unbekannte, dringen an mein Ohr heran. Die Klamotten, die ich trage, sind nicht wiederzuerkennen, mit krellen, bunten Farben gefaerbt, meine Haut ist auch voll davon und mein Gesicht ein einziges Kunstwerk, versichert man mir! 

Und schon sind wir mitten drin. Es ging viel zu schnell. Mit einem mal. Wir sind in INDIEN (kraaaass!!) und erleben das HOLI, das Fest der Farben, und erfuellen uns damit einen Traum! Und dessen nicht genug, treffen wir Freunde wieder: Mit Isaac den ersten aus der Heimat und mit dem deutschen Weltreisepaerchen Patrick und Gwen (www.weitumdiewelt.de) zwei, die wir auf dieser Reise in Armenien fanden und nun nach Iran zum dritten Mal wiedertreffen! Zusammen erleben wir das ultimative Farbenfest und geniessen die seltene Moeglichkeit, Zeit mit Freunden zu verbringen.
Wir schlaendern durch die gemuetlichen Gassen Pushkars, was im Wuestenstaat Rajasthan liegt, reden tage- und naechtelang, lachen und schauen Fussball-Bundesliga, Freiburg gegen Bremen! Das Bier, Kingfisher, ist nicht bundesligaabendtauglich, aber das macht ja nichts.
Es ist eine Zeit um ruhig zu werden, zum Reflektieren und zum Faulenzen. Dass Gwen und Patrick beim Holi im Norden Indiens auftauchen, ist als wir ankommen, eine grosse Ueberraschung fuer uns und wir sind alle ueberwaeltigt von der Wiedersehensfreude. Lustigerweise trafen die beiden unseren Herrnhuter Freund Isaac im Sueden Indiens, ohne unser Zutun, was umso schoener ist, denn so haben wir bereits alle eine Verbindung und es ist fuer jeden ein einziger Genuss:
Sonnenuntergaenge anschauen und Musik lauschen, Klamotten einkaufen, kalte Lassi trinken und uns im Falafel-Restaurant, beim Samosa-Verkaeufer oder auf der All-You-Can-Eat-Dachterasse des Om Shiva Buffets fuer hundertzwanzig Rupien (circa zwei Dollar) den Bauch vollschlagen! Fairerweise muss man auch den freundlichen Herrn erwaehnen, der jeden Abend die himmlischsten Kuchensorten auf dem grossen Platz im Zentrum verkauft.

Wir erleben viele freudige Momente zusammen, treffen Rok, einen slowenischen Fahrradfahrer wieder, den wir zuletzt in der armenischen Hauptstadt Yerevan trafen, lernen Dimar kennen, einen russischen Holi-Touristen, der viele schoene Bilder von uns schiesst und sind umgeben von Unmengen westlicher Gaeste, Amerikaner, Briten und vor allem vielen Israelis. Viele, die dort ihren Militaerdienst (fuer Maenner drei Jahre, fuer Frauen zwei) beenden, erkunden nachher Suedamerika, Suedostasien, Australien und eben Indien. Daher sind wir nicht ueberrascht, ueberall Hebraeisch zu hoeren.
Wir lernen Ram kennen, einen Musiker aus Pushkar. Er spielt eine indische Art Geige, eine Ravanahattha, das aelteste indische Instrument und beruehmt fuer die Region Rajasthan. Isaac kauft Ram ein Instrument ab und nimmt bei ihm Unterrichtsstunden. Patrick, Emma und Gwen begleiten den Kuenstler am zweiten Abend nach unserer Ankunft zu seiner Familie in ein kleines Dorf ausserhalb von Pushkar. Sie werden mit einem Camelcar bis zu seiner Huette chauffiert, wo sie von seiner Mutter mit Chapatis und Dal gespeist werden, und begehen zusammen den heiligen Feiertag Holi, werden auf den Dorfplatz gefuehrt und nehmen an einer traditionellen Zeremonie teil, bei der sie lange Holzstoecke in die Haende gedrueckt bekommen und damit um das Feuer zu tanzen und mit den Kindern und den Maennern des Dorfes spielerisch zu kaempfen. Ausserdem bekommen sie einen Tika auf die Stirn gemalt und kehren beruehrt zu Isaac und mir ins Hostel zurueck. Riesige Feuer und Leuchtraketen beenden den Vorabend des Farbenfestes.

Giri, ein junger Ladenbesitzer, naeht den ganzen Tag. Pullover, Shirts, alles was das Herz seiner Kunden begehrt. Hosen und Frauenkleider stellt er nicht so gerne her, sagt er uns. Wir schauen nicht schlecht, als wir sehen, wie schnell und geschickt er die Naehmaschine bedient, wie genau und effektiv er arbeitet. Wir geben ihm zahlreiche Kaputzen-Pullis in Auftrag, Kostenpunkt: Einhundert Rupien. Als wir ihn in den naechsten Tagen immer wieder besuchen, geben wir ihm immer mehr Pullover-Anfragen. Die Kleider passen perfekt. Wir sind so zufrieden, dass jeder von uns mit mindestens zwei den Ort verlaesst. Bezahlt haben wir ihm fuer jedes Teil das Doppelte, da er mit uns kein Geschaeft mit uns machen will, uns sympathisch, ehrlich und vertrauensvoll beraet. Am letzten Morgen begleitet er uns zum Fruehstueck und wir lernen ihn ein bisschen besser kennen. Manchmal schlafe er im Geschaeft, da er die fuenfzehn Kilometer mit dem Roller nicht mitten in der Nacht zuruecklegen moechte. Seine Tochter ist noch ein Kleinkind, sie ist gerade krank. Er selbst sieht muede aus. Aber er liebt seine Arbeit. Wenn die Touristensaison vorbei ist, arbeitet er als Arzt, seine eigentliche Arbeit. Er behandelt Patienten, die sich keinen Doktor leisten koennen fuer umsonst und behandelt jeden mit genuegend Ruhe und Geduld. Vieles habe er von seiner Grossmutter gelernt, sagt er in seinem charmanten, indischem Akzent: "It's my grandmother teach me!"

Isaacs Reise neigt sich dem Ende entgegen und wir muessen schon wieder Abschied nehmen. Wichtige Dokumente und Erinnerungsstuecke gehen mit ihm zurueck in die Heimat, alles Schwere, Grosse, was der Sommer unnoetig macht geht per Riesen-Paket nach Deutschland oder wird verschenkt. - Somit ist Platz fuer Neues und der Ruecken ein wenig entlastet.

In Jaipur trennen sich dann auch die Wege von den Freiburgern und uns. Sie gehen weiter Richtung Nepal, wo wir hergekommen sind und fuer uns geht es direkt in die Tropen, zweitausendfuenfhundert Kilometer mit dem Zug nach Kochi in Kerala. So geben wir uns gegenseitig Tipps und verabschieden uns in der Hoffnung, nicht das letzte Mal auf dieser Reise aufeinander zu treffen. In wenigen Tagen erkunden wir Jaipur, lernen die Franzoesin Emilie aus London kennen und feilschen mit ihr auf dem Flohmarkt um traditionelle indische Kleider, besichtigen das Amber Fort und besorgen uns Tatkal-(Last-Minute)Tickets fuer die Fahrt in den Sueden.

Es ist bereits Nacht als wir den Zug besteigen. Vor uns liegen zweieinhalb Tage in ein und demselben Zug, die laengste (Zug-)Fahrt meines Lebens, kann ich mit ziemlicher Sicherheit sagen! Die Natur wird immer gruener, das Klima immer tropischer. Zugbegleiter laufen stehts durch die Abteile, bieten Fruehstuck, Mittag- und Abendessen an, was alles frisch in der Zugkueche zubereitet wird, laufen aber auch stets mit verfuehrerisch duftenden, leckeren Snacks durch die Reihen. Auch hoert man das mantra-artige "Chaichaichaichaichai" zu allen Stunden, doppelt so oft wie das "Copycopycoffeecoffee" (bei dem man genauer zuhoeren muss...)! Am besten gefaellt uns bisher immer noch "PaniWaterPaniWaterPaniWaterPaniWater" und war auch das von uns am meissten erworbene Produkt! :)

Wir haben interessante Reisegefaehrten: 
Ein christlicher Pfarrer aus Kerala moechte mich bekehren, ist ueberrascht, dass in Europa in jedem Land eine andere Sprache (und nicht Englisch) gesprochen wird, dass man bei uns nicht mit Rupien bezahlt und dass es kein Kastensystem in Deutschland gibt. Er moechte gern in dieses Land reisen und fragt mich, ob ich ihm nicht ein Visum schicken koennte. Gern wuerde ich das, aber muss dem enttaeuschten Mann erklaeren, dass dies leider nicht in meiner Macht steht.
Ausserdem treffen wir Thomas, einen sympathischen Mittfuenfziger aus Kerala, der als Schulleiter in Rajasthan arbeitet, zweieinhalbtausend Ewigkeiten entfernt von seiner Familie. Drei Mal pro Jahr komme er sie besuchen, berichtet er, naechstes Mal fuer etwas mehr als einen Monat, denn dann sei schulfrei, erzaehlt er uns.
Der vierundzwanzigjaehrige B. aus Kochi schaut uns interessiert beim Backgammonspielen zu und moechte es lernen. Als wir unseren Zielbahnhof Ernakulam Nord erreichen, empfielt er uns, noch nicht hier sondern erst an der Suedstation auszusteigen. Dort haelt der Zug allerdings nicht und so machen wir diese Zugfahrt laenger als noetig. Von Kottayam muessen wir einen Zug zurueck nehmen, bis wir voellig verdreckt und muede in Kochi ankommen, ist es bereits frueher Morgen. B. laed uns zu sich nach Hause ein, dankend nehmen wir an! Seine Eltern oeffnen frueh um vier fuer uns die Tuer, sie haben auf uns gewartet. Sie geben uns zu Essen, obwohl wir eigentlich nur das Beduerfnis haben uns zu waschen und zu schlafen. Am naechsten Morgen werden wir der Verwandschaft und den Nachbarn vorgestellt, schauen in viele froehliche Gesichter, schuetteln dunkle Haende und hoeren helles Kinderlachen. B. pflueckt uns Kokosnuesse von der Palme in seinem Garten. Bei der Fuehrung durch sein Wohnviertel sehen wir Mango-, Papaya- und Bananenbaeume. Von so vielen Vitaminen sind wir ebenso ueberwaeltigt wie von der tropischen Hitze.

Wir muessen uns daran gewoehnen, tags wie abends Mueckenspray aufzutragen, gibt es hier doch fiese tagaktive Moskitos. Jene sind es auch, die die abartigsten Krankheiten uebertragen koennen, also ist bei aller Gelassenheit immer ein wenig Vorsicht geboten.

Nun sind wir in Alleppey und quartieren uns im "Lake and Paddy Resort" ein, arbeiten lang Liegengebliebenes auf und ich schicke endlich meine laengst ueberfaellige Steuererklaerung ab. Das Hostel liegt idyllisch versteckt am Rande des Staedtchens, fernab aller Touristen. Wir wohnen direkt an den Backwaters, geniessen das gute Essen auf der Dachterasse, unternehmen mit zwei anderen Reisenden eine Kanutour auf den verzweigten, weiten Kanaelen, fuer die Kerala so beruehmt ist und erleben eine Artenvielfalt, wie sie uns noch nie irgendwo anders begegnet ist. 

Das ist nicht nur uns aufgefallen, sondern auch unserern Freunden von weitumdiewelt. Sie waren mehrere Wochen als Freiwillige bei einem Projekt im Norden Keralas, was sich zum Ziel gesetzt hat, die Artenvielfalt zu schuetzen und die ayurvedischen Heilpflanzen die dort wachsen zu erforschen. Leider werden sie von keiner staatlichen Institution Indiens unterstuetzt und stehen kurz vor dem Aus. Daher haben Gwen und Patrick eine Spendenaktion fuer Vanamoolika ins Leben gerufen. In kuerzester Zeit wollen sie versuchen, zehntausend Euro zu sammeln, um dieses wichtige Projekt am Leben zu erhalten. Denn Vanamoolika beschaeftigt sich nicht nur mit Ayurveda-Medizin, sie bauen zum Beispiel auch Kaffee an und vertreiben diesen ueber die Fair-Trade-Marke Gepa. Den Frauen, die im kleinen Dorf Pulpolly wohnen, bietet Vanamoolika eine Arbeit, die ihnen ermoeglicht, finanziell um die Runden zu kommen.

Da wir auch wir Interesse haben, den Menschen hier mit ihrem Vorhaben zu helfen, moechten wir den Abschluss dieses Posts Vanamoolika widmen und geben dieses Anliegen weiter an euch: Bitte unterstuetzt Vanamoolika! Falls ihr es nicht selbst tun koennt, leitet es bitte an Menschen weiter, die es vielleicht koennen! Vielen Dank! Wir zaehlen auf euch!
Zur Spendenaktion findet ihr hier: Support Vanamoolika.
Dort gibt es natuerlich auch noch zahlreiche Hintergrundinformationen.

Wer sich vorher noch einen Eindruck verschaffen will, wie die Arbeit von Vanamoolika in den Western Ghats Keralas aussieht, kann sich gern das folgende Video anschauen:


Bilder reichen wir in grosser Quantitaet nach, in unserem naechsten Post!
Es ist ein Fest, zu reisen! Danke, dass ihr Teil davon seid!
Mit vielen lieben Gruessen und Kuessen aus dem Paradies, die Inder nennen diesen Landstrich, wie viele andere auch "God's own country"!
Euer Elmi

Dienstag, 1. April 2014

"Tiger Balm?"

Namaste!

Das Flugzeug rauscht und ruckelt, ein kaum durchdringliches Murmeln aus verschiedenen Sprachen und Stimmen umhuellt mich, der Blick aus dem kleinen Bullaugenfenster zeigt nur Weiss. Eine adrett gekleidete Chinesin auf den winzigen Bildschirmen an der Decke erklaert den Reisenden mit Dauerlaecheln die Sicherheitsanweisungen. Am Abend zuvor hatten wir noch mit anderen Chinesen im Park getanzt und jetzt waren wir also tatsaechlich auf dem Weg nach Nepal! Ein komisches Gefuehl, nach zweihundertsechzig Tagen des Ueberlandreisens in einem Flugzeug zu sitzen, das uns innerhalb von drei Stunden mal eben zweitausend Kilometer wieder in den Westen bringen soll…

Am Flughafen in Kathmandu reihen wir uns erstmal in die Menschenschlange vor dem Visaantragsschalter ein, tauschen je vierzig Dollar gegen ein niedliches aufkleberaehnliches Nepalvisum, bekommen den Einreisestempel und begeben uns auf die Suche nach unseren Rucksaecken. Liebevoll wurden sie mit anderen Reisetaschen auf einen Haufen geworfen, aber alles scheint noch heile zu zein. 
Als wir das Gebauede verlassen, faellt mir schnell auf, dass hier immer noch mit grosser Inbruenstigkeit, Ausdauer und Lautstaerke gewuergt, gespuckt und der Hals freigehustet wird. Die Gepflogenheiten aus China werden also erstmal beibehalten. :)
Mit drei deutschen Jungs fahren wir schliesslich mit einem klapprigen Taxi nach Thamel, ins Touristenviertel von Kathmandu. Strassenstaub, Gehupe, neugierige Blicke und warmer Wind wehen zu uns durchs offene Fenster herein. Es ist bereits dunkel, aber das verworrene Chaos auf den Staubwegen der groessten Stadt Nepals fasziniert mich und ich kann meine Augen gar nicht von den vorbeifahrenden vollgestopften Bussen, den kleinen Laeden am Strassenrand, Frauen in bunten Saris und Maennern mit traditionellen Hueten wenden, die sich waghalsig auf wackligen Fahrraedern ihren Weg durch den verrueckten Verkehr bahnen. China war ja schon irre, aber mit diesem seltsamen modernen Einfluss gewuerzt. In Kathmandu scheint alles auf dem ersten Blick mit sehr viel einfacheren Mitteln zu funktionieren, die Stadt wirkt viel gemuetlicher als chinesische Staedte - so ganz ohne Dauerblingbling an den Haeusern und ohne Wolkenkratzer. So viel mehr nach meinem Geschmack...
[...]
Wir haben ein indisches Visum zu beantragen. Aber an dem Tag nach unserer Ankunft in Kathmandu ist die Botschaft geschlossen - hinduistischer Feiertag. Irgendwie scheint es, als werden in unseren Reiselaendern immer dann Feste gefeiert, wenn wir gerade dort sind: Tbilisoba-Festival in Tbilisi, Ashura-Zeremonien in Theran, Chinese New Year...Und nun ist es eben das "Mahashivaratri" in Kathmandu. An diesem Tag pilgern unzaehlige glaeubige Hindus (darunter viele Inder) nach Kathmandu zum Pashupatinath-Tempel, um dort Gott Shiva (den "Erschaffer und Zerstoerer") zu ehren.
Als wir durch Thamels Gassen schlendern, treffen wir Nabila aus Kanada, die gerade unterwegs zum Pashupatinath ist. Wir beschliessen, sie zu begleiten und steigen zusammen in einen Minibus, der uns zum Tempel bringen soll. Es gibt etwa zehn Sitzplaetze. Wir zaehlen vierundzwanzig Leute. Nabila sitzt auf meinem Schoss. Auf dem Weg zum Tempel werden wir Teil von sich voran schiebenden Menschenmassen - pilgernde Hindus wie Touristen in alternativen Klamotten haben das gleiche Ziel wie wir. Frauen in bunten Gewaendern, rote Taki-Punkte auf den Stirnen, Sadhus und Babas mit langen weissen Baerten und hochgedrehten Dreadlocks, Raeucherstaebchengeruch, dreckige Luft, froehliche Hare Krishna-Taenzer, in langen Schlangen aufgereihte Hindus mit Opfergaben fuer Shiva in den Haenden...Da wir keine Hindus sind, duerfen wir nicht auf das Tempelareal. Daher sehen wir den Pashupatinath nur von Weitem, aber die Atmosphaere dieses fuer Hinduisten besonders heiligen Ortes, der so in der Abenddunkelheit wild beleuchtet strahlt, ist dennoch beeindruckend. Elm und ich laufen durch die dunklen, stark verstaubten Strassen zurueck zu unserem Hostel. Die Luft ist so schlecht, dass wir uns Tuecher vor Mund und Nasen halten muessen. Vor dem Zubettgehen kaemme ich mir den Dreck aus den Haaren - die Zacken des weissen Hotelkamms aus China faerben sich schwarz.

Verrueckt buntes Licherschaupsiel beim Pashupatinath-Tempel in Kathmandu

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Thamel, das alte, von Touristen ueberfuellte Zentrum Kathmandus, bietet uns eine Menge Dinge, die wir in China etwas vermisst hatten: huebsche, gemuetliche Cafes; leckere Restaurants mit nepalischem, indischem und tibetischem Essen; bunte Laeden mit alternativen Klamotten; Dachterrassen...Anfangs war es ein sehr seltsames und leicht ueberforderndes Gefuehl, In Kathmandu anzukommen und ploetzlich so viele Auslaender um sich zu haben. In China fuehlten wir uns manchmal etwas allein zwischen Hunderten von Chinesen, nur in Kunming trafen wir zum ersten Mal wieder viele Auslaender auf einem Haufen. Aber in Thamel scheint es tatsaechlich mehr Nichtnepalis als Nepalis zu geben. Westler, die in nepalischen Klamotten mit roten Punkten auf der Stirn durch die Strassen flanieren, ueberall wird man auf Englisch angesprochen und ist nur einer von vielen. Aber daran gewoehnen wir uns schnell. 
Nach ein paar Tagen in Thamel beginnen wir schon, zu raten, mit welchem Spruch wir als naechstes angequatscht werden: "Riksha, Sir?", "Smoooke? Hashish, Marihuana?", "Come inside, very cheap, many colours!" oder mein Lieblingsspruch, der meist aus den Muendern kleiner schuechtern wirkender Maenner kam, die uns ihre Haende mit kleinen Döschen entgegenstreckten: "Tiger Balm?" Die meisten der Verkaeufer scheinen nur auf die Touris fixiert zu sein, aber mit der Zeit war dieses Angequatschtwerden durchaus sehr amuesant. :)


Zeitungspause am Konsum im Norden von Thamel, Kathmandu

Kabelkunst (in Deutschland wuerde so etwas nie funktionieren...)

Alte Frau an roter Wand, Kathmandu

Zehn-Rupien-Schein-"rauchender" Junge beim Spielen auf einer Riksha, Thamel

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Licht an. Licht aus. Licht an. Licht aus. Der Generator vor dem Fenster rattert. Wir stellen schon mal Kerzen auf. "Electricity comes back after twelve"...Also wach bleiben, Dreads haekeln und warten, bis der Strom zurueck kommt und wir die Application Form fuer unser Indienvisum am Computer ausfuellen koennen. 
In ganz Nepal wird der Strom mehrmals am Tag fuer mehrere Stunden abgeschaltet - eine ganz neue Erfahrung, da wir uns nun zum Akkusaufladen auf die Stromzeiten einrichten muessen und besser immer Kerzen und Feuerzeug im Zimmer haben sollten.
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Tatsaechlich schaffen wir es erst an unserem fuenften Tag in Kathmandu, auf die Indische Botschaft zu gehen. Der ganze Organisationskram mit den Passfotos, Ausweis- und Visakopien und dem Ausfuellen der Antragsformulare hat letztlich doch mehr Zeit in Anspruch genommen, als erwartet. 
Auf der Botschaft ziehen wir am Automaten eine Nummer und setzen uns zu den anderen Wartenden in die Sonne. Als wir an die Reihe kommen, schieben wir all unsere Papiere durch den schmalen Schlitz am Visaschalter und werden gelangweilt gebeten, in einer Woche wieder zu kommen. So, indisches Visum beantragt.

Bananenfreund in der Stromkabelschaukel, Kathmandu

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Der Bus huepft durch Schlagloecher. Mein Kopf sinkt immer wieder auf meine Brust, ich bin so muede. Der durcheinander gewirbelte Reisebiorhythmus wird mal wieder spuerbar. Es ziehen gruene Felder vorbei; kleine, einfache Doerfer; ich sehe Nepalifrauen, die ihre bunte Waesche an Wasserpumpen am Strassenrand waschen; die Strasse (ein Highway!) ist bruechig, sandig; selbst bei Bergserpentinen kommen uns geschmueckte LKWs und Touristenbusse entgegengebrettert. Nach etwa sieben Stunden Fahrt haben wir die zweihundert Kilometer nach Pokhara hinter uns gebracht.
Wir finden in nettes Hostel am Ende der Seestrasse mit tollem Blick auf den Phewa-See und die Berge. Als Elmi unsere Namen in die Liste der Hostelgaeste eingetragen hat, kommt er sehr ueberrascht zurueck. "Weisst du, wer sich vor uns in die Liste eingetragen hat?" Es war Samuel, ein deutscher Fahrradfahrer, den wir bereits in Trabzon, in der Tuerkei kennen gelernt hatten, als wir unser Iranvisum beantragten. Am Abend treffe ich ihn dann wieder und wir beide sind echt begeistert, wie uns unsere Reisewege wieder gekreuzt hatten. :)
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Der Motor der Royal Enfield knattert tief und beruhigend, der Fahrtwind weht mir fast den viel zu grossen Helm vom Kopf, mit meinen Armen umschlinge ich Elmi und lehne mich an seine Schulter. Es ist herrlich: sonnenblauer nepalischer Fruehlingshimmel, saftig gruene Wiesen und Waelder, bunt gekleidete Menschen, die auf ihren Koepfen Koerbe balancieren und uns interessiert nachschauen. Eine kleine Strasse fuehrt uns hinauf auf einen kleinen Berg ins Minidorf Sarankot, von wo aus wir einen weiten Blick ueber Pokhara, den See und die Berge haben. Wir haben die Winterkaelte hinter uns gelassen und sind in Sommertemperaturen angekommen, die uns hoffentlich so bald nicht wieder verlassen. Es macht Spass, so durch die Gegend zu duesen und endlich mal wieder unabhaengig mit einem "eigenen" Gefaehrt herumzufahren.

Cooler Typ auf nem coolen Motorrad :)

Aussicht auf die "White Peace Pagoda"

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Wir stehen in der Kuehle eines neuen Tages auf einem Berg. Die Sonne taucht die schroffen Gipfel des Annapurna in sanftes zartrosa Licht. Der Schnee leuchtet in der Morgendaemmerung und loest sich in fantastischen Boehen von den kalten Felsen des Achttausenders.  Die Bergketten faechern sich in verschiedenen Blautoenen vor meinen Augen auf, die tieforangene Sonnenkugel rollt langsam ueber die schattige Kante der Berge. Ein atemberaubendes Schauspiel! Die Menschen neben mir unterhalten sich mit gesenkten Stimmen, machen Fotos und draengeln sich um die besten Aussichtsplaetze. Ich schliesse die Augen und lasse die immer staerker werdende Waerme mein Gesicht streicheln.
In einem kleinen, sehr einfachen Cafe in der Sonne essen wir dann Fruehstueck mit Lina und Hannah (zwei Maedels aus Koeln), Roland und Solene (einem franzoesischen Paerchen aus Paris) und verbringen noch Stunden in der prallen Hoehensonne, bevor wir mit den zwei deutschen Maedels wieder den Rueckweg ins Tal nach Pokhara antreten. Es ist eine schoene Wanderung, mit verschlafenen Dorfhaeuschen, winkenden Kindern, an den Dschungel erinnernden Waeldern, wackligen Steinstufenwegen...

Pokharatal und die Schneeberge der Annapurna-Bergkette

Wanderung bergab, mit Blick auf den Phewa-See, Pokhara

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Ach, dieser franzoesische Humor! :) Mit Solene und Roland an unserer Seite kraxeln Elm und ich durch den zirpenden Wald, hinauf zur "White Peace Pagoda" auf der anderen Seite des Phewa-Sees und der Stadt Pokhara. Mit den beiden kommen wir gar nicht mehr aus dem Kichern heraus, immer wieder werden unsere Gespraeche ueber unsere Chinaerlebnisse mit neuen wunderbar akzentuiertenWortwitzen gewuerzt. :) Sehr schoen! Beim schneeweissen Stupatempel angekommen, lernen wir von einem ganz in Weiss gekleideten Mann eine Menge ueber die Lebensgeschichte Siddharta Gautamas, der spaeter der erleuchtete Buddha wurde. Wir bestaunen die goldenen Buddhafiguren am Tempel, der zum Symbol des Friedens nach dem Angriff auf Hiroshima und Nagasaki in Japan als 71. von geplanten 100 Stupas gebaut worden war. Mit unseren zwei franzoesischen Wegbegleitern wandern wir wieder hinab, besichtigen noch eine winzige Hoehle mit einer witzigen milchgebenden Steinkuh (die spinnen, die Hindus...) und ein tibetisches Fluechtlingsdorf. Dort beruehrt mich besonders ein grosses Plakat mit Fotos von Tibetern, die sich aus Prostest gegen die chinesisches Unterdrueckung selbst verbrannten. Schon als wir noch in China waren, haben wir von eben einem solchen Selbstverbrennungsfall in der tibetischen Klosterstadt Tongren gehoert...Echt traurig.

"White Peace Pagoda", Pokhara

Fischermann im See, Pokhara

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Und wieder sind wir in der staubigen Geschaeftigkeit Kathmandus, um endlich unser indisches Visum abzuholen. Wir steigen aus dem Bus, der uns von Pokhara aus wieder in die Haupstadt gebracht hat, und rennen geradezu fast mit zwei anderen Rucksackreisenden zusammen. Felipe und Ana, zwei Brasilianer aus Rio, sind auch gerade erst angekommen und wissen noch nicht, wo sie uebernachten sollen. Also checken wir letzlich zu viert in ein Dreierzimmer ein. Die beiden waren vor Nepal bereit zwei Monate in Indien und konnten uns daher ein paar Dinge ueber das Land, auf das wir uns schon so lang gefreut und vorbereitet hatten, erzaehlen.
Wir gehen wieder auf die Botschaft, ziehen wieder eine Nummer, warten wieder in der Morgensonne, bis wir an der Reihe sind. Zu unserem veraergerten Erstaunen bekommen wir gesagt, dass die Vermittlung unserer Daten zwischen der Indischen Botschaft und den deutschen Behoerden nicht richtig funktioniert hat und daher nur drei statt der beantragten sechs Monate in Indien auf dem Visum ausgestellt werden. Schade, wir waeren zeitlich gerne etwas flexibler gewesen.

Verkehrswirrwarr in Kathmandu

Nach zwei Tagen in Kathmandu reisen wir also weiter, immer weiter in Richtung der nepalisch-indischen Grenze. Das Holi-Farbenfest am 17. Maerz in Indien ruft - das Fest, auf das wir vieles auf dieser Reise zeitlich ausgerichtet haben. Ana und Felipe begleiten uns. Gemeinsam kommen wir in dem kleinen, aber fuer Buddhisten unglaublich bedeutsamen Ort Lumbini an. Hier soll Siddharta Gautama geboren worden sein. Das Dorf ist nicht besonders schoen, aber es gibt ein riesiges Parkareal, mit unzaehligen Kloestern und Tempelanlagen. Wir kommen fuer drei Naechte im Koreanischen Kloster unter, wo wir fuer umgerechnet drei Dollar pro Person schlafen und drei mal am Tag essen koennen. Ein sehr beruhigender Ort - viele Reisende kommen hierher, um zu meditieren und um mehr ueber die buddhistischen Lehren zu erfahren. Wir nehmen mehrmals an der Morgen- und Abendzeremonie im grossen Tempel teil. Eine sehr beruehrende Atmosphaere: ein grosser weitraeumiger Saal, beleuchtet mit unzaehligen kleiner Laternen, die in langen Reihen an der Decke haengen; Menschen, die im Schneidersitz auf Kissen sitzen; ein Moench in dunkelroter Robe, der mit seinem kehligen Gesang und sanftem Getrommle den ganzen Raum erfuellt....

Kunterbunter Gegenverkehr auf der Busfahrt nach Lumbini

Gemuetliches Dorf kurz vor Lumbini

Ankunft der Reisegruppe in heiligen Ort Lumbini (mit Felipe und Ana)

Tempel des Buddhistischen Koreanischen Klosters

Tatsaechlich ist fuer mich Nepal eines der beruhigendsten Laender bisher auf dieser Reise, obwohl wir nur zwei Wochen hier waren. Ich weiss nicht, ob es an der entspannten Mentalitaet der Menschen liegt; der Einfachheit des Lebens ohne den ueblichen Ueberfluss an Werbung und Blinklichtern oder der atemberaubend schoenen Natur, in der man Blicke und Gedanken schweifen lassen kann...Auf jeden Fall ein Land, in das ich gern zurueck komme! :)

Grenzuebergang bei Sunauli, endlich Indien!

[...]
Bald mehr aus dem verrueckt, bunt, chaotischen Indien!
(Wir schwitzen gerade im tropisch heissen Allepey, im Sueden, an den Backwaters....)
Ganz viel Waerme, Sonne und Liebe zu euch,
Eure Emma.




Montag, 24. März 2014

Make Our Day - Anna

Anna-Tag: Geburtstagsgruesse an Mama (14.November 2013)


Liebe P.,
Herzliche Gruesse von uns zwei Weltreisenden aus Shiraz, im Iran!

Auf diesem Schild steht auf Persisch:
Herzlichen Glueckwunsch, P.!

Wir wuenschen dir einen gluecklichen Geburtstag und wir hoffen, dass du ihn mit deiner Familie und deinen Freunden geniessen kannst!

Elmi and Emma

Wir haben Menschen in Shiraz auf der Strasse getroffen und ihnen Fragen gestellt. Fragen ueber ihre Mama!
1 Was liebst/schaetzt du am meisten an deiner Mama? Wofuer bist du ihr dankbar?
2 Was wuerdest du deiner Mama gerne sagen, hast es aber noch nie getan?
3 Was waere dein Wunsch, wenn deine Mama heute Geburtstag haette?
Hier sind ihre Antworten!

Hamid, Tehran:
“Meine Mutter wuerde fuer mich sterben. – Sie LIEBT mich so sehr! Wenn ich mich krank fuehle, zum Beispiel, dann fuehlt auch sie sich krank. Jeden Tag ruft sie mich an und fragt, ob es mir gut geht.

Ich wuerde meiner Mama gerne einen HANDKUSS geben! (Zeichen tiefen Respekts und grosser Dankbarkeit im Iran)

Ich wuerde ihr einen grossen Blumenstrauss und ein kleines Geschenk geben und ihr sagen: ‘ICH LIEBE DICH!”
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Mehnaz & Fati, Shiraz:
“Wir wertschaetzen die GEDULD und die FREUNDLICHKEIT unserer Muetter am meisten!”

Mehnaz: “Ich erzaehle meiner Mama ALLES! Ich geh’ zu ihr, kuesse und umarme sie…”

Fati: “Ich liebe meine Mama so sehr, dass ich ihr wuenschen moechte ‘STIRB ERST NACH MIR’!”
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Ahmad, Tehran:
“Sie hilft mir, sie ist geduldig und lieb und eine GUTE MUTTER fuer alle ihre Kinder! Sie war sogar schon geduldig, bevor ich geboren bin, als sie neun Monate auf mich wartete!

Ich moechte ihr sagen: ‘ICH LIEBE DICH’ – und das tue ich auch! Ich sag’ ihr alles! Ich stehe ihr und meinem Vater sehr nahe!

Ich wuerde ihr wuenschen, immer GESUND zu bleiben! Und ich moechte, dass sie nach mir stirbt!” [dass sie lange lebt]
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Farnaz, Shiraz:
“Ich bin dankbar, dass meine Mama lebt. Ich kann gar nicht alle guten Dinge aufzaehlen, weil es SO VIELE sind…! Sie sorgt sich viel um uns Kinder, ist eine gute Hausfrau und Koechin…

Meine Mutter unterstuetzt mich bei ALLEM! Ich habe ihr noch nie gesagt, dass ich sie LIEBE, aber ich werde es tun!

Ich wuerde ihr wuenschen, dass sie zu mir zieht und bei mir WOHNTJ
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Jalal, Shiraz:
“Ich liebe ihre LIEBEVOLLE Art! Sie moechte nur das Beste fuer mich.
             
Ich kann ihr ALLES sagen!

Ich wuerde ihr gern wuenschen: ‘Sei jederzeit entspannt’!”
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Reza, Taxifahrer, Shiraz:
“Sie ist EHRLICH! Sie wuerde sogar fuer mich sterben! (Alle iranischen Muetter sind so…)
             
Ich wuerde ihr sagen: ‘Ich koennte fuer dich STERBEN, wenn ich muesste. So wie du es fuer mich tun wuerdest!’

Mein Wunsch fuer sie waere, eine GUTE ZUKUNFT zu haben und ich hoffe sie kommt in den Himmel!
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Jorge (r) & sein Bruder, Mexico City: (Unsere Mutter starb, als ich dreizehn war)
“Ich wertschaetze ihre unglaubliche SOZIALE KOMPETENZ! Sie war sehr gut zu mir und sehr lieb! Als wir umzogen, kannte sie bereits nach wenigen Tagen alle Nachbarn! Als sie starb, kamen viele Menschen und weinten um sie!

Granataepfel waren die Lieblingsfruechte meiner Mutter. Ich wuerde ihr daher gern sagen: ‘KOMM HIERHER’!

Alles Gute! Ich wuenschte ihr, dass sie ihr Leben NOCHEINMAL LEBEN koennte – fuer sich und nicht nur fuer uns!”
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Arezu, Shiraz:
“Sie VERGIBT mir, wenn ich einen Fehler gemacht habe.

Du bist die BESTE und die EINZIGE!

Ich wuenschte ihr, immer gesund zu bleiben und FUER IMMER mit mir zu leben!”
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Arianna, Rezeptionistin, Shiraz:
“Sie ist sehr liebevoll, sie sorgt sich um mich und hilft mir. Sie schenkt mir sehr viel AUFMERKSAMKEIT!

Ich kann ihr niemals das zurueck geben, was sie mir gibt!

Ich wuensche ihr, dass sie FUER IMMER lebe!
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Hadis, Shiraz:
“Sie ist sehr lieb, sie UMARMT sehr gut und sie ist eine gute Koechin!

Ich waere gern NAH bei meiner Mama und wuerde ihr beim Einschlafen ins Ohr fluestern...

Mein Wunsch fuer sie: ‘Bleibe EWIG am Leben’!”
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Emma & Elmi, Hier&Dort:
Elmi: “Sie wuerde immer fuer mich KAEMPFEN und mich niemals allein lassen.”

Emma: “Ich bewundere deine STAERKE, Mama.”

Emma: “Ich wuenschte ihr, dass sie sich mehr ZEIT FUER SICH selbst nimmt und sich etwas Gutes tut.”

Elmi: “Mein Wunsch fuer sie waere, sich WENIGER SORGEN zu machen und ihr Leben jeden Tag zu geniessen!”
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Anna:
Ich schätze an meiner Mama ihre unglaubliche Phantasie. Und die wunderbare Gabe aus und in allem Geschichten zu sehen. Ich bin ihr dankbar für all die Zeit, die sie sich für mich genommen hat. Für all die Puppenhäuser die sie mir baute und für den unerschöpflichen Mut, den sie mir seit 23 Jahren mit auf die Wege gibt, dass Leben als Reise zu sehen.

Ich bin unglaublich stolz auf dich. Darauf, dass du vor all den Jahren aus dem bunten Erfurt nach Schirgiswalde zurück gegangen bist, obwohl du wohlgemerkt hast, wie schwer dir dieser Weg zurück fällt. Wie du mit Papa unsere Familie gegründet hast, wie du an eure Beziehung geglaubt hast, und wie du all das durch die Zeitenträgst-bei Sonnenschein und Regen. Ich bin stolz darauf, wie selbstverständlich du Menschen beistehst, in Momenten in denen die Sprache nicht ausreicht und man an den Rand des Verstandes kommt. Wie du dann einfach da bist, mit den Menschen und auch die manchmal traurige Stille mit (aus)hälst. Ich bin stolz darauf deine Tochter zu sein, von ganzem Herzen bin ich darauf stolz.

Ich wünsche dir einen wunderschönen Tag! Lass dich feiern- von der Ruhe des Lebens und hoffentlich lacht die Sonne für dich, sei dir gewiss, dass ich mit einem Lächeln auf den Lippen und im Herzen an dich denke. Für das neue Jahr wünsche ich dir zauberschöne Momente, zwischen den Stunden die so schnellvergehen. Ich wünsch dir, dass du die kleinen Wunder an den Rändern der Wegen siehst- ich weiß, sie sehen dich. Ich wünsch dir die schönsten Radtouren und immer rollende Reifen.

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