Fakten

Wir sind 849 Tage um die Welt gereist (11. Juni 2013 bis 07. Oktober 2015). Unsere letzte Station war Bangkok, Thailand.
Wir reisten 71844 Kilometer durch 26 Länder. Jetzt sind wir wieder in Deutschland und planen unsere naechste Reise.

Freitag, 21. Juni 2013

Nachtgeschwafel

Noch immer zerstochen von den Muecken der Masuren sitze ich in unserem Hostel in der ukrainischen Hauptstadt Kiev und kaempfe mit der Muedigkeit, die uns seit der letzten Nacht begleitet.

Ich beginne mal ein paar Tage (es fuehlt sich wie Wochen an...) vor letzter Nacht:
Unser kurzer Zwischenstopp in der polnischen Seenregion Mazury war sehr schoen, wir fanden verlassene, romantische Plaetzchen in der Naehe einiger Seen und genossen das warme Sommerwetter. In Mikolajki kochten wir uns Reis auf unserem Hobo-Ofen und da es dazu mangels zusaetzlicher Ingredenzien nur noch Tomatenmark und Gewuerze gab, schmeckte es ein wenig wie Gefaengnisessen, aber es fuellte unsere Maegen und liess uns ruhig einschlafen.
Hier ein paar Eindruecke von unterwegs:

Auf dem Weg nach Poznan, Gdansk und Mazury
Wandmalerei in Gdansk
Das Mottlau-Ufer in Danzig

Unser bisher gefaehrlichstes Erlebnis war eine Mitfahrgelegenheit in den Masuren. Denn wie sich herausstellte war nicht nur der Beifahrer sturzbetrunken, sondern auch der Fahrer selbst. Nach kurzer Ueberlegung, ob ich den Herrschaften meine Fahrtuechtigkeit anpreisen sollte oder ob wir sie zum Anhalten bewegen sollten, entschieden wir uns fuer letzteres, denn oft beruehrten die Reifen bei der fuenfminuetigen Fahrt gefaehrlich den Bordstein und der Fahrer waehlte eine auffaellig mittige Fahrspur... - Wir entkamen erregten Gemuets diesem unangenehmen Szenario, trafen aber an diesem Tag noch andere nennenswerte Fahrer.
Da wir an besagtem Tage erst gegen 17 Uhr starteten, rechneten wir nicht mehr damit, weit zu kommen. Als ein Auto hielt, und ein junger, adretter Pole uns die Mitfahrt nach Warszawa, der Hauptstadt, anbot, sagten wir zu. Das Auto, ein aufgemotzter Subaru, erwies sich als PS-Monster und konnte aufs Mal mit solchem Power beschleunigen, dass wir in den Sitz gedrueckt wurden und die zahlreichen PKW und LKW nur an uns vorbeiflogen. Aber er war in seinem Element, die Strasse wurde zur Rennstrecke und wir fuehlten uns nicht unsicher in seinem Rennwagen.
Er bestaetigte uns, dass der Sinn einiger polnischer Urlauber leider darin liege, zur Mittagsstunde schon sternhagelvoll durch die Stadt zu torkeln und sich am naechsten Tag ueber den Kater zu freuen.

Das sonst sehr monoton wirkende Polen wurde mit zunehmender Naehe zu Lublin interessanter und lebendiger. Huegel durchzogen hier das Land und die untergehende Sonne huellte alles in warme, herzliche Toene. Waehrenddessen sassen wir gerade in deinem Krankenwagen und obwohl der Fahrer kein Wort einer Sprache sprach, die ich verstand, gelang uns eine vernuenftige Konversation. Er versuchte sogar ueber Funk uns eine anschliessende Mitfahrgelegenheit zu organisieren, in dem er fragte "Gibt es ein Auto nach Hrebenne?". So offenbarte sich die oft kritisierte osteuropaeische Kaelte doch als nur aeusserlich. Im Herzen waren sehr viele Menschen schwer in Ordnung und nicht selten sogar sehr zuvorkommend. Und Trampen in Polen klappt im Allgemeinen sehr gut!

Beim Route planen in Polen
Unser Zelt konnte sich unterwegs auch schon als recht nuetzlich erweisen, denn wir blieben bisher an jedem Tag und in jeder Nacht trocken! Auch wenn es in diesem woertlich genommenen "Compact 2" Zelt sehr eng ist, und die Rucksaecke und zwei Verliebte gerade so rein passen, ueberstanden wir samt unserem Equipment mehrere kurze und lange Regenschauer ohne Naesse.
Unser Eigenheim in einem polnischen Wald nahe der ukrainischen Grenze
Unsere erste "echte" Grenze, an der wir unseren Reisepass nutzen mussten, ueberfuhren wir mit einem litauischen Urlauber, Mirek, der sehr aufgeregt war, als wir bei schwueler Hitze in der Warteschlange zwischen ukrainischen und polnischen Autos standen. Am Anfang unserer Konversation beteuerte er noch: "I don't speak English!" - Dafuer beherrschte er aber ein grosses Vokabular und erklaerte uns sogar einige Sachen ueber die Ukraine.
In L'viv, einer gemuetlichen Kleinstadt, die in ihren Vorstaedten selbes nicht vermuten liess, angekommen, checkten wir in einem Hostel ein und trafen sogleich auf einen "I-am-American-American". Diesen Begriff hab ich mir daraufhin ausgedacht: Ein I-am-American-American ist jemand, der denkt, nur weil er Amerikaner ist, laufen einem die Frauen hinterher, laden einen auf Drinks ein und empfinden seine Gegenwart als unheimliche Bereicherung. Er liebte das Trampen so wie das Reden und redete zuviel, sodass seine Liebe zum Trampen unglaubwuerdig erschien. Seine Abwesenheit machte er bemerkbar, als er zurueck kam und die Rezeptionistin fragte: "Did you miss me?" - Nicht, dass ich laestern moechte, oder etwas verallgemeinern... Aber diese Art und Umgangsweise habe ich schon manchmal bei amerikanischen Reisenden kennengelernt und fand es an der Zeit, eine Kategorie einzurichten, in der diese Bekanntschaften konkurrieren koennen.

Im "Casanova" goennten wir uns waehrrend eines Gewittergusses ein typisch ukrainisches Abendessen mit Wareniki und verliessen nach 1 1/2 Tagen Lemberg in Richtung Kiew. Die Hauptstadt erreichten wir mittels eines alten Nachtzuges, in dem in ca. 20 Wagen mit 20 Abteilen zu je 4 Betten rund 800 Passagiere Platz fanden.

Nach unserer Ankunft mit dem Nachtzug von L'viv nach Kiev


Was mich immer noch etwas beschraenkt ist meine Unkenntnis auf sprachlicher Ebene. Ich kann nicht einmal etwas lesen! Und da bin ich doch mehr als froh, Emma neben mir zu wissen, die, obwohl sie oft ihr Licht unter den Scheffel stellt, doch ganz ordentlich Russisch spricht und uns oft wichtige Informationen beschafft!

Es macht nach wie vor Spass zu Reisen, besonders in so einer unbekannten Umgebung wie hier. Dieses Land birgt noch eine Menge Schaetze in sich und ich bin gespannt darauf, wie viele wir noch entdecken werden. Als naechstes geht es erst einmal weg aus der Hauptstadt, vielleicht Richtung Osten, vielleicht aber auch in den Sueden nach Odessa. Da sind wir noch offen. Wie das Auto-Stopping hier funktioniert, muessen wir erst ausprobieren.

In diesem Sinne beende ich meinen Schreibfluss mit ein paar letzten optischen Eindruecken aus der Ukraine mit Lieben Gruessen! Ich hoffe, es geht euch gut und wir freuen uns natuerlich weiterhin ueber Reaktionen eurerseits! Vielen Dank fuer die Unterstuetzung - UND: Wer Post haben will, sollte bitte seine Adresse an zweiaufweltwegen@gmail.com senden! Alles Gute, euer Elmi



Modern Art in Kiev

St. Andrews Church in Kiev

2 Kommentare:

  1. herzlichen Dank für den interessanten Bericht! weiterhin alles gute und bleibt behütet!
    Astrid

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  2. Hallo Ihr Zwei,

    es ist schön Eure Reise hier verfolgen zu können. Eure Berichte entfachen in uns das Fernweh.
    Bleibt behütet

    JeLuPaTheEd

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